Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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Mercen
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

25 Nightal 1491 DR

Am Morgen fackelten wir die Hütte ab. Das Böse sollte keine Heimstatt mehr haben. Die Rauchfahne war meilenweit zu sehen und ich denke, dass auch einige andere Lebewesen hier im Sumpf heilfroh waren, dass das Problem beseitigt war.
Gegen Nachmittag sahen wir wieder Rauch von Herdfeuern, diesmal von mehreren. Wir näherten uns offenbar einer weiteren Erhebung. Dieser Hügel war deutlich größer als die anderen. Die Fußspuren wurden häufiger. Die Wolfspuren auch. Wir näherten uns einer Siedlung. Auf dem Hügel standen mehrere Hütten, die von einer Palisade umzäunt waren. Rechts davon stand noch etwas anderes, nämlich eine große Plattform aus Stein, die teilweise im Boden versunken war.
Zu der Insel führte eine hölzerne Brücke, die von einem Wachturm flankiert war. Neben der Brücke lagen Boote, die halb auf das Ufer gezogen waren. Richtung Norden sahen wir eine weite, offenen Wasserfläche.
Ein fröhliches Hornsignal kündete unsere Ankunft an.
"Dann will ich mal hoffen, dass die friedlich sind.", sagte Luker. "Das könnten selbst für dich zu viele sein, Krissa."
"Ach, zur Not habe ich ja noch den jhuild."
"Wir könnten auch erst einmal reden.", meinte Artemis.
"Sicher, ich sagte ja auch: Zur Not. Ich gehe zwar keinem Kampf aus dem Weg, aber ich fange ihn auch nicht an."
Zwei grinsende Gesichter sahen mich an.
"Na gut, meistens."
Die beiden grinsten weiter.
"Was?!"
"Och, nichts."
Wir gingen über die Brücke und zwei Goblins erwarteten uns. Ich war mir sicher, dass noch viel mehr im Hintergrund lauerten, wahrscheinlich mit Bögen.
"Was ihr wollen, Fremde?"
"Wir brauchen ein Boot, um die Hexe zu befreien. Können wir eins borgen?"
"Ihr Boot? Von uns? "
Das Erstaunen auf ihren Gesichtern war deutlich zu erkennen.
"Wir Goblin, nicht Bootsverleih."
"Ja, schon klar. Fragen können wir ja trotzdem."
Die beiden tuschelten miteinander.
"Ihr wissen, wo Marscha?"
"Ja, deshalb brauchen wir ein Boot."
Die beiden tuschelten erneut.
"Gut, wir euch bringen zu König Gumba. Er entscheiden, ob ihr können haben Boot."
Sie brachten uns in das Dorf. Frauen und Kinder säumten den Weg und bestaunten uns. Worgs geiferten an ihren Leinen. Wahrscheinlich waren wir seit langem die ersten, die auf ihren eigenen Füßen das Dorf betraten. Wir steuerten auf die größte Hütte zu. Vor der Hütte lag eine Steinkugel von vielleicht 2 Meter Durchmesser, die halb im Boden vergraben war.
Die Hütte war prächtig eingerichtet, mit Stechpalmenzeigen, Echsenmännerschädeln, Waffen und Schilden. Auf einem Thron saß ein ziemlich fetter Goblin. Neben ihm stand ein kleiner schlanker Mann mit weißen Haaren, der mehrere Pergamentrollen in der Hand hielt.
"Willkommen, Fremde.", sagte das dicke Ding auf dem Thron.
"Ehre sei König Gumba.", erwiderte Artemis und verbeugte sich. Der König nickte geschmeichelt und wir beeilten uns, uns ebenfalls zu verbeugen.
Da muss ich wohl noch etwas lernen. Bolg hatte nie von der Etikette erzählt, also, wie man hochgestellte Persönlichkeiten ansprach. Klar, wir waren Rashemi und verbeugten uns nicht, aber andere Völker haben andere Sitten.
"Ihr wollen Boot?"
"Ja."
"Ihr bekommen, wenn helfen kleine Mann hier lösen Rätsel um Plattform draußen. Darunter ich denken große Schatz ist. Wenn ihr heben Schatz ihr bekommen Boot."
Der kleine Mann stellte sich als Marspot Gimlebum vor und er wäre ein Gnom. Von denen hatte ich noch nie gehört.
"Die Plattform hat vier halbkugelige Schalen in jeder Ecke. Ich zeige euch das gleich. Dort muss etwas Bestimmtes hinein, soweit bin ich schon. Aber alles was wir bisher ausprobiert haben, funktioniert nicht. Wasser, Blut, Opfergaben, es bewegt sich nicht. Vielleicht habt ihr eine gute Idee."
Er blinzelte uns mit tränenden Augen zu. Dann nieste er. "Dieses saukalte Wetter hier macht mich fertig. Kommt mit, ich zeige euch das Ding."
Der Gnom erzählte, dass er mit einem Freund den Sumpf erkunden wollte. Es gäbe hier angeblich Überreste von einer alten Zivilisation, die er ja jetzt gefunden hätte. Sie waren vor einer guten Woche getrennt worden. Seinem Freund muss was passiert sein, weil er auch nicht mehr über den Sendestein erreichbar wäre.
"Sendestein?", fragte Luker.
"Ja," nickte der Gnom, "wir haben jeder einen. Das ist so ein grauer Kiesel." Er holte seinen aus der Tasche und rieb daran. In Lukers Rucksack begann es zu piepen. Er sah Luker überrascht an.
"Ich fürchte, dein Freund lebt nicht mehr.", sagte Luker bedauernd und erzählte, wo wir den Stein gefunden hatten. Der Gnom schniefte.
Auf dem Weg zu der Plattform kamen wir an einer weiteren Steinkugel vorbei, die im Boden steckte. Als wir dann die Plattform erreichten, war völlig klar, was zu passieren hatte. Die Vertiefungen waren genauso groß wie die Kugeln.
Luker blickte den Gnom an.
"Das war doch einfach. Warum bist du nicht da drauf gekommen?"
"Bin ich," sagte der Gnom, "aber danach brauchen sie mich nicht mehr und ich habe keine Lust, im Kochtopf zu landen."
"Stimmt, kluger Hinweis. Willst du mitkommen?"
"Gerne, wenn sie mich gehen lassen."
"Ich frag mal.", sagte ich. "Wenn da viel drin ist, sind sie so glücklich, da sagen sie bestimmt ja."
Und so war es auch. Wir rollten und schoben und hievten die Kugeln in die Schüsseln. Es begann zu rumpeln und die Platte schob sich nach oben. Nach einem guten Meter knackte etwas vernehmlich und die Plattform blieb, leicht schräg, stecken. Der uralte Mechanismus hatte seinen Geist aufgegeben. Darunter war eine viereckige Vertiefung und in der befanden sich dutzende Silberbarren, vom Alter schwarz angelaufen.
König Gumba, der auf einem Stuhl sitzend das Ganze beobachtet hatte, war so glücklich, dass er jedem von uns zwei der Barren schenkte. Der Gnom durfte auch gehen, jetzt hätte er ja keine Verwendung mehr für ihn. Und wir bekamen unser Boot. Gut, der Kahn war nicht die beste Qualität, aber er würde uns wohl noch an andere Ufer bringen, bevor er auseinander fiel.

Aus dem Waldesdunkel blickten zwei Paar Augen auf die Szenerie. "Sie haben ihr Boot. Ich bin beeindruckt." Die Katze maunzte leise. "Ja, wir müssen uns jetzt eins stehlen. Oder wir rudern mit ihnen." Die Katze maunzte lauter. "Dich auch als Goblin verkleiden? Wie soll das gehen? Du musst als Fisch folgen." Das Maunzen klang jetzt empört. "Hast du eine bessere Idee? Wenn nicht, dann musst du schwimmen." Die Katze maunzte wieder, ziemlich lange diesmal. "Ich soll mich als Vogel verwandeln und dich mitnehmen? Gut, das ist wirklich eine bessere Idee. Aber nicht rumzappeln während des Fluges. Ach ja, und wenn dir wieder schlecht wird, dann war das das letzte Mal."
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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Mercen
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

26 Nightal 1491 DR

Wir durften in einer leeren Hütte übernachten. Am Morgen machten wir uns dann auf den Weg.
Wir ruderten durch schwarze Wasser und erreichten bald die gegenüberliegende Seite. Das Ufer lag höher und es gab keine Möglichkeit, mit dem Boot irgendwo anzulanden. Die Bäume und das Unterholz standen dicht an dicht und dort gab es kein Durchkommen. Nach kurzer Zeit fanden wir eine kleine Bucht. Dort war ein verfallener Steg und eine Treppe führte nach oben. Dort ruderten wir hin und machten das Boot fest. Als wir zur Treppe gingen, hörten wir eine tiefe rumpelnde Stimme.
"Bleibt stehen, wenn euch euer Leben lieb ist."
Oben an der Treppe begann sich ein Baum zu bewegen. Große grüne Augen wurden sichtbar und in der Rinde hatte sich ein Spalt gebildet, aus dem wohl die Worte kamen. Der Baumherr hatte ein fast schwarze Rinde, ähnlich wie das Wasser, durch das wir gerudert waren.
"Ihr könnt hier nicht durch. Eure Art ist hier nicht willkommen."
Der Baum redete sylvanisch. Gut, dass Luker das konnte.
"Wir wollen zur Drachenhöhle. Der Drache hat Marscha entführt."
"Das ist nicht meine Angelegenheit. Ihr kommt hier nicht durch."
"Marscha hat dir doch bestimmt auch schonmal geholfen. Du musst uns nur durchlassen."
"Hom hum, das stimmt. Ich mache euch einen Vorschlag. Ihr erledigt etwas für mich und dann dürft ihr passieren."
"Und das wäre?"
"Hom hum, ab und zu taucht hier ein Troll auf. Er stellt sich in gebührender Entfernung vor mich hin und beschimpft und verspottet mich. Ich verstehe zwar nicht, was er sagt, aber er stört die Waldesruhe. Beseitigt mir diesen Troll. Er heißt übrigens Kanthar, wenn ich sein Geschrei richtig verstanden habe. Als Beweis bringt ihr mir seinen Ohrring mit. Dann dürft ihr passieren."
Das schien mir jetzt etwas übertrieben für eine Passage, aber wir hatten wohl keine Wahl. Meine Gefährten sahen das ähnlich.
"Nun gut, so sei es. Wo finden wir denn diesen Troll?"
So weit war es jetzt nicht weg, vielleicht eine halbe Stunde, wenn wir den Baumherrn richtig verstanden hatten.

So war es auch. Nach einer guten halben Stunde erreichten wir die Felsnadel, von der der Baumherr gesprochen hatte und am Fuße des Felsens gähnte ein Eingang.
"Hat einer von euch eine Ahnung, wie groß so ein Troll ist?", fragte ich.
"Ziemlich groß.", meinte Artemis. "Ich hab mal eine Geschichte gehört, dass sie so groß wie zwei Männer sind."
"Und sie sollen schwer zu töten sein.", sagte Luker. "Ihre Haut ist hart wie Stein."
"Na toll. Sonst noch was?"
"Nö, nicht das ich wüsste."
"Wie sieht der Plan aus?"
"Was für ein Plan? Wir wissen noch nicht mal, ob er zu Hause ist und wie es da drinnen aussieht. Ich probiere mal was."
Luker stellte sich vor die Höhle und rief: "Hallo? Jemand zu Hause?"
"Sag mal, hast du einen Schaden, uns so anzukündigen?", fragte ich.
"Warum? Vielleicht ist er ja friedlich. Der Baum war es nicht."
"Du willst mit ihm reden?"
"Ja klar. Wir brauchen doch nur den Ohrring. Wenn er ihn nicht rausrückt, dann können wir ihn ja immer noch hauen."
Es meldete sich aber keiner und so ließen wir den Gnom beim Ruderboot zurück und betraten die Höhle.
Die Gänge waren unregelmäßig und wirkten natürlich. Der Felsen selber bestand aus Kalkstein und der Regen hatte ihn wohl ausgewaschen. An den Wänden wuchsen verschiedene Arten von lumineszierenden Algen und verströmten genug Licht, damit wir leidlich sehen konnten.
Nach wenigen Metern bogen zwei Gänge ab. Aus dem linken roch es verdächtig nach übergelaufenem Plumpsklo und aus dem rechten hörten wir das Geräusch von fließendem Wasser, das in einen kleinen Tümpel plätscherte. Wir folgten dem Hauptgang weiter. Wir kamen zu zwei weiteren Abzweigen. Der Hauptgang bog links ab und schien sich zu einer größeren Höhle zu weiten.
Aus dem Gang rechts roch es stark nach Verwesung. Ein kurzer Blick zeigte uns ein buntes Sammelsurium an Knochen, Kleidung, Rüstungsteilen und abgezogenen Fellen.
Im Gang geradeaus war wieder Wassertröpfeln zu hören. Luker ging etwas in den Gang hinein. Dort war ein größerer Teich und an der Wasseroberfläche waren zwei goldglänzende Kugeln in etwa einem Meter Abstand zu sehen. Es waren Augen! Luker ging vorsichtig näher. Aus dem Wasser erhob sich ein grässlicher krötenartiger Kopf. Das besondere war nicht nur die Größe, sondern auch das Maul, welches aussah wie ein scharfzahniger Reißverschluss. Das Geschöpf kam näher.
Luker begann hastig einen Spruch zu rezitieren. Dann blieb er reglos stehen. Das Geschöpf kam aus dem Wasser, schnüffelte an Luker und rieb seine Schulter an ihm.
Donnerwetter! Was war das denn? Das Vieh war ja richtig kuschelig! Später erklärte er uns, dass er Tiere zu Freunden machen konnte. Das klappte aber nicht immer, deswegen hätte er schon mächtig Angst gehabt, als die Kröte auf ihn zu kam.
Die unkte und gluckste und Luker begann, sie zwischen den Augen zu kraulen. Dann schwang er sich auf ihren Rücken und legte die Hand zwischen die Augen. Seine verdrehten sich nach oben. Offensichtlich machte er einen weiteren Zauber.
Wir verhielten uns ruhig. Nach einiger Zeit kletterte er wieder herunter.
"So, jetzt weiß ich mehr. Sie wohnt hier schon recht lange und hat sich mit Kanthar, das ist der Troll, angefreundet. Sie passt auf die Höhle auf, wenn er nicht da ist und im Gegenzug versorgt er sie mit Futter. Er müsste bald zurück kommen, denn sie hat Hunger."
Misstönender Gesang war aus der Ferne zu hören.
"Ups, ich glaube, er kommt gerade." Luker zog sich mit seiner neuen Freundin in die Teichhöhle zurück und wir machten uns, so gut es ging, unauffällig.
Dann sah ich den Troll zum ersten Mal. Sein Kopf streifte fast die Höhlendecke. Er war fast doppelt so groß wie ich!
Er hatte mächtige Muskeln, sehr lange Arme, die in scharfe Klauen ausliefen und eine grünlich ledrige Haut. Er trug ein Wildschwein unter seinem linken Arm, das heftig strampelte und quiekte. Das gab mir eine recht eindrückliche Vorstellung von der Körperkraft dieses Wesens.
Im linken Ohr trug es eine große halb aufgeschnittene Schnecke. Das musste wohl der besagte Ohrring sein und der sah so aus, als wäre er fest mit dem Ohr verwachsen. So viel zum 'Eventuell können wir den stehlen'.
Er marschierte an uns vorbei und bemerkte uns nicht, wohl durch das zappelnde Schwein abgelenkt. Er brachte es in die große Höhle. Wir folgten unauffällig. Rechterhand war eine natürliche Erhebung im Fels. Darauf lagen viele Farne, Tannenzweige und Pelze. Links stand ein roh zugehauener Tisch. Darauf legte er das Wildschwein und hielt es mit der linken Hand fest. Er griff zu einem Kurzschwert, welches auf dem Tisch lag und schnitt dem Schwein die Kehle durch. Dann trank er von dem spritzenden und dampfenden Blut.
Das Kurzschwert hatte eine Besonderheit, die mir auffiel. Es leuchtete! Es leuchtete in einem schwachen blauen Licht. Bolg hatte mir von solchen Waffen erzählt. Diese wären mit Magie versehen worden, damit man besser kämpfen konnte und sie wären sehr selten. Wahrscheinlich lag der unglückliche ehemalige Besitzer in dem Knochenhaufen.
Die Kröte drängte es mit Macht in die große Höhle. Sie wollte ihre Leckerchen. Luker hatte eine gute Idee, wie er meinte. Er könne ja mal sehen, ob er an den Ohrring herankäme. Sagte es und verwandelte sich in eine Riesenkröte. Dann hopste er gurrend hinter seiner Gefährtin her.
Der Troll blickte sich um und bekam große Augen. Dann sagte er etwas, dem Tonfall nach: 'Ja wer bist du denn, du kleine Süße', grinste und tätschelte beide. Dann warf er ihnen Teile von Lunge und Eingeweiden zu. Er selber stopfte sich die Leber in den Mund.
Was nun folgte, war nicht nett. Der Troll war mit zwei offensichtlich hungrigen Kröten konfrontiert, die mehr wollten. Er machte eine beruhigende Handbewegung und gurrende Geräusche und ging nach draußen.
Scheiße! Wir hatten den Gnom vergessen! Nach kurzer Zeit kam er mit einem schlaffen Bündel zurück. Unser Weiser war aber wohl schon länger tot, denn es tropfte kein Blut mehr aus dem eingeschlagenen Schädel. Er wurde fachgerecht ausgenommen und die beiden Kröten machten sich heißhungrig über die Innereien her.
Bei Luker war es wohl ähnlich wie bei mir: Wenn man eine neue Form angenommen hatte, entwickelte man auch schnell Züge dieser Form. Er fraß, was seine Tiergestalten fraßen und ich erkannte nur noch mit Mühe meine Freunde, wenn ich im Rausch war. Das war ein Grund für die farbige fyrra-Plakette, die wir trugen. Wer die hatte, war ein Freund in der Schlacht, denn sonst konnte man ja die berserkir der anderen Logen nicht erkennen. Gnade uns allen, wenn der Feind das heraus bekam.
Der Troll war satt, die Kröten waren satt und der Troll beschloss, ein Nickerchen zu machen. Er warf sich auf seine Lagerstatt und begann umgehend zu schnarchen.
Zeit zu handeln. Luker wollte seine Kröte zurück in den Teich locken, aber die hatte keine Lust. Stattdessen hopste sie durch die Halle, um nach etwas Interessantem Ausschau zu halten.
Artemis und ich gingen zu der Schlafstatt. Ich war im Rausch. Artemis sollte versuchen, ob wir an den Ohrring herankamen. Er beugte sich über den Troll und ab jetzt ging alles schief.
Kanthar hatte nur einen leichten Schlaf, trotz seiner Schnarcherei. Er schlug die Augen auf, sah den Elfen und langte hin. Artemis machte einen Purzelbaum und rollte in die Halle. Ich schlug mit der Axt zu. Die Haut war tatsächlich so zäh, wie sie aussah und ich hatte Mühe, ein Loch hineinzuschlagen. Er hingegen hatte keine Mühe, in meine Haut Löcher mit seinen Klauen zu schlagen. Ich blutete ziemlich schnell aus diversen Wunden. Zu allem Überfluss verheilten seine Wunden sehr rasch, wie ich entsetzt feststellte.
Luker verwandelte sich zurück. Die Kröte war nicht glücklich, dass ihr Herr und Meister angegriffen wurde und machte sich über Artemis her. Ich lieferte mir ein verbissenes Duell mit dem Troll und mich beschlich langsam das schlechte Gefühl, dass ich hier nicht als Sieger vom Platz gehen würde. Warum gab es eigentlich keine Trollloge? Der Kampfstil 'Toben und Wüten' wäre doch passend. Leichter Nebel umspielte mich und ein Teil meiner Wunden ging zu.
Luker griff mit Zaubern in das Geschehen ein. Hinter dem Troll entstand eine flammende Kugel von gut zwei Metern Durchmesser und ein kräftiger Schlag von mir drückte den Troll in die Flammen. Von dem Schrei wurde ich fast taub. Aber noch etwas war zu sehen: Seine Wunden schlossen sich nicht mehr. Unter Aufbietung meiner letzten Kräfte verpasste ich ihm zwei mächtige Axthiebe und endlich fiel er um. Zur Sicherheit schlug ich noch ein paarmal zu, bis mich Luker auf die Situation den Elfen aufmerksam machen konnte. Artemis tanzte durch die Halle, verfolgt von der Kröte. Er erwischte sie nicht und sie ihn nicht. Aber so langsam ging ihm die Puste aus. Ich ging hinüber und beendete die Verfolgungsjagd.
Artemis heilte mich ebenfalls und wir beschlossen, hier dann auch zu übernachten. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, das es knapp gewesen war. Richtig knapp. Aber ich hatte Freunde. Zusammen konnte uns nichts passieren. Wir passten aufeinander auf.
Draußen war es bestimmt schon dunkel. Wir durchsuchten noch die ganzen Abfallhaufen und fanden einen magischen Ring, den ich bekam und der mich besser schützte, ein Halsband mit einem blauen Topas als Anhänger, das teuer aussah, mehrere Edelsteine, die aus einem Beutel gefallen waren, 20 Goldmünzen und einen kräftigen Heiltrank. Artemis bekam das Kurzschwert.

Im Waldesdunkel blickten zwei Paar Augen auf eine Pfütze, in der sich das Innere der Höhle spiegelte. "Ein Troll. Die Kinder töten einen ausgewachsenen Troll?!" Die Katze blieb diesmal ruhig. "Erstaunlich. Ich will sie haben."

Level up, Fortsetzung folgt …
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

27 Nightal 1491 DR

Der Baumherr nahm die Schnecke entgegen.
"Ich sehe, ihr wart erfolgreich. Das ist schön für mich und meine Schützlinge. Ihr dürft passieren."
"Kannst du uns sagen, wie wir zur Drachenhöhle kommen?"
"Ihr braucht nur immer weiter nach Norden zu gehen. Das dauert etwa einen Tag. Ihr könnt es gut erkennen, der Eingang wird von einem Drachenkopf gebildet."
"Ist das Steinmetzarbeit?"
"Nein, nein, es ist ein Drachenkopf. Ich glaube, es ist eines der Elterntiere, welches dort gestorben ist und den Höhlengang ausfüllt."

Also machten wir uns auf den Weg. Nach einiger Zeit sahen wir etwas, was unseren Weg kreuzen würde.
Über die Ebene kam eine Gestalt gewankt. Sie war recht wenig bekleidet angesichts der niedrigen Temperaturen. Als sie näher kam, sahen wir auch noch andere Einzelheiten. An ihrem Körper waren Brandwunden zu sehen. Ein klaffende Kopfwunde vervollständigte die eher tote Erscheinung. Um den Hals baumelte ein fyrra-Symbol. In den Händen hielt sie eine zweihändige Axt.
Als das Ding uns bemerkte, hob es die Axt und kam auf uns zu. Ich beeilte mich, mein fyrra-Symbol aus der Kleidung zu zerren. Als es das Amulett sah, senkte es die Axt. Es kam zu mir und sah mir in die Augen. Der tote Mund versuchte, Worte zu formen.
"Gnntg ... frr ..."
"Red langsam bitte, ich verstehe dich nicht."
Bei den Drei Göttinnen, hatte ich Schiss. Der Kerl, denn es war ein Mann, war nur wenig größer als ich, aber mindestens doppelt so breit. Was für Muskeln.
"Drr … hlfn."
"Mir helfen?"
Die Gestalt nickte.
"Gerne. Wir müssen einen Drachen bekämpfen, um eine Hexe zu befreien."
Ich könnte schwören, das er versuchte, zu lächeln. Ich verstand. Ein berserkir ohne Aufgabe, aber mit dem unbedingten Willen, eine zu erfüllen, starb nicht. Hoffentlich blieb mir das erspart. Und dann hatte ich eine spontane Eingebung. Ich umarmte ihn.
"Bruder, lass uns gemeinsam streiten."
Er nickte, hob seine Axt und murmelte: "J … bs zm Td."
Luker und Artemis hatten sich zurückgehalten.
"Ist das bei euch allen so? Ich meine, der Schwur, bis zum Tode und so?"
"Wir nehmen unsere Aufgabe ernst.", sagte ich ihnen.
"Scheint so.", sagte Luker. Er sah nicht überzeugt aus.
"Manchmal ein wenig länger als bis zum Tod.", sagte Artemis. "Ich verstehe langsam die alten Geschichten, dass sich das Land selber gegen Eindringlinge wehrt."
"Wir sind Rashemi und wir sind frei.", erklärte ich.
Der Untote nickte und hob seine Axt.
"Fr…!"

Nun hatten wir einen Begleiter. Redselig war er nicht, aber ich hatte ein beruhigendes Gefühl. Der hier würde kämpfen, bis nichts mehr von ihm übrig war. Dann würde er Ruhe finden, bis die wychlaran ihn erneut riefen, um das Land zu verteidigen. Er würde kommen, wie jeder fyrra, der den Eid geleistet hatte.
Während wir unterwegs waren zeigte er mir ein Stück Baumrinde, auf das er etwas gezeichnet hatte. Mit ein paar Fragen fand ich heraus, dass er von einem Mann und einer Frau ermordet worden war. Der Mann hatte ein Schiffstätowierung auf dem Rücken. Die Frau konnte, wenn ich die Zeichnung richtig las, zaubern. Der Wolf in der Mitte konnte nur eines bedeuten: Er war ein Mitglied der Wolfsloge und seine Mörder auch. Was?! berserkir hielten zusammen, besonders Logenbrüder und -schwestern, hatte mir Bolg erzählt. Was war hier passiert?

Am späten Nachmittag erreichten wir die Drachenhöhle. Es war so wie es Schwarzbaum beschrieben hatte. Ein riesiger Drachenkopf bildete den Eingang. Der musste schon länger hier liegen, denn er war bereits grün von Moos und Algen. Efeu hing herunter und verdeckte die Höhle dahinter. Luker beschloss, das Ganze zu erkunden und verwandelte sich in einen Fuchs. Dann schlich er ins Dunkle.
Über ihm wölbte sich der Rippenkasten und einzelne Wirbel lagen auf dem Boden herum. Das war gruselig. Aus der Höhle stank es durchdringend säuerlich scharf.
Links war ein Gang, der wohl als Müllhalde genutzt wurde, denn er war voll mit Knochen und anderen Abfällen.
Rechts war ein Gang mit einem Eisengitter abgetrennt. Dahinter saß eine Frau.
Marscha saß auf dem Boden und döste vor sich hin. Sie war dick, hübsch und sah gemütlich aus. Sie war wohl so Mitte 50, trug große Ohrringe, ein blaues Kleid, eine rote Schürze mit vielen Taschen und einen Pelzumhang, den sie eng um sich gewickelt hatte. In der Höhle war es frisch.
Man hatte es ihr leidlich gemütlich gemacht und Tannenzweige und Farne besorgt. Am Gitter stand ein Eimer für die Notdurft und Abfälle.
Luker setze sich vor das Gitter und fiepte. Marscha schreckte auf.
"Na, wer bist du denn? Bestimmt kein normaler Fuchs, möchte ich wetten. Entweder ein fey oder ein Druide?"
"Jäpp."
"Sei bloß still, sonst hört dich Chamista. Also ein Druide. Bist du zufällig hier oder suchst du mich?"
Der Fuchs nickte.
"Ich sollte keine Oder-Fragen stellen. Hier gibt es zwei Drachen, einen großen, naja, erwachsen ist der auch nicht, und eine Kleine. Die war krank, daher hat mich der Große hergeholt. Jetzt ist sie gesund, aber er behält mich hier, wohl für alle Fälle. Das Gitter bekommst du nur mit dem Schlüssel auf, den Garnifalix um den Hals hängen hat. Oder du hast einen muskulösen Berserker in der Hosentasche."
Der Fuchs nickte.
"Schon wieder oder, ich lern's heute nicht mehr. Alles verstanden?"
Der Fuchs grinste.
"Ja, ja, habe ich verdient. Es ist so öde hier, da schläft der Verstand ein. Bist du allein?"
Kopfschütteln.
"Kumpels? Das ist gut. Hat einer von denen zufälligerweise einen Komponentenbeutel dabei?"
Kopfschütteln.
"Ach Mist. Meiner ist wahrscheinlich in der großen Halle, bei den anderen Schätzen. Wenn du den besorgen könntest …? Ich hab Lust, mich für die Gastfreundschaft zu bedanken."
Der Fuchs schlich weiter und kam in eine große Höhle. Direkt gegenüber hatte sich neben einem großen Haufen Münzen ein schwarzer Drache zusammengewickelt. Er war nicht groß, vielleicht 6 Meter lang, aber mindestens die Hälfte davon war Schwanz. In dem Haufen lagen noch andere Sachen: Ein Zauberstab, Stiefel, Kelche und Teller und kleine Edelsteine. Ebenfalls ein Säckchen, das aussah wie der beschriebene Beutel.
Auf der rechten Seite glänze schwarz ein See, dessen Oberfläche sich ab und an kräuselte. Auf der linken Seite war eine Art Becken, aus dem es besonders sauer roch. Darin lag ein Reh im fortgeschritten Zustand der Auflösung.
Vorsichtig pirschte sich Luker an den Haufen heran und schnappte sich den Beutel. Dann beeilte er sich, um zurück zu Marscha zu kommen, die hocherfreut den Beutel entgegen nahm.
"So, jetzt muss ich nur noch hier raus. Holst du deine Freunde?"
Der Fuchs nickte und verschwand.
Draußen angekommen verwandelte sich Luker zurück und erzählte von seinen Erkenntnissen. Wir betraten vorsichtig die Höhle. Marscha schaute ein wenig überrascht und leicht angeekelt, als sie sich unseren Begleiter genauer ansah.
Der Berserker umfasste die Gitterstäbe. Die toten Muskeln spannten sich an und mit einem lauten Knall zerbrach das Gitter.
"Verdammt, jetzt ist der Drache wach!"
Und tatsächlich hörte man ein Knurren und das Tapsen von Füßen. Der Berserker rannte mit erhobener Axt los. Wir nahmen Deckung in den Seitengängen und beobachteten den folgenden Kampf. Der war kurz. Chamista blies eine übelriechende wässrige Wolke auf unseren Freund und der begann, sich aufzulösen. Haut tropfte zu Boden und mir wurde schlecht. Dann krachte die Zweihandaxt in den Schädel des Monsters und noch ein zweites Mal. Der Drache torkelte und fiel zu Boden. Die Axt traf ein drittes Mal und das war das Ende für die Kleine. Der Berserker drehte sich um und winkte uns zu. Eine weitere Wolke nebelte ihn ein und er zerfiel zu Schmodder.
Der Bruder war da! Wo war er hergekommen? Wasser tropfte um ihn herum und mir wurde klar, dass er wohl im Teich gesessen hatte.
Scheiße, hatte ich Schiss, aber es musste wohl sein. Ich trank den jhuild. Die Welt wurde eng. Alle waren Verbündete, nur der fette schwarze Brocken da vorne nicht. Mit wirbelnder Axt rannte ich los. An mir vorbei rauschten rot leuchtende Pfeile und schlugen in den Drachen ein. Genau wie meine Axt. Die Schuppen waren hart wie Stahl, aber mit dem Feuerwein, der durch meine Adern kreiste, war das kein Problem. Ich merkte, dass ich getroffen wurde, aber das war egal. Weitere Zauber wurden gewirkt, aber ich hatte mich in das Duell mit dem Drachen verbissen.
TÖTET.
SIE.
ALLE.
Ich war Rashemen.
Ich war die Faust aus Eisen.
Ich war unbesiegbar.
Dann gingen die Lichter aus.

"Was zum Teufel war das?" Ich hörte die Stimme von Artemis.
"Der jhuild."sagte Marscha. "Das ist ein Höllengebräu. Den Drei sei Dank, dass ihr noch einen wirklich starken Heiltrank hattet. Wenn die berserkir einmal so zugerichtet sind wie das Mädchen hier, dann sind sie tot, wenn die Wirkung nachlässt und sie nicht rechtzeitig geheilt werden."
Ich fühlte mich richtig schlecht. Ich war müde und zerschlagen. Mühsam bekam ich ein Auge auf und sah in die besorgten Gesichter meiner Freunde. Ich grinste und wurde wieder bewusstlos.
"Immerhin, sie lebt.", hörte ich noch ein leises Murmeln.
Nach guten zwei Stunden kam ich wieder zu mir. Provisorische blutbefleckte Verbände zierten meinen Oberkörper und ich war hundemüde. Meine Freunde hatten zwischenzeitlich die Höhle durchsucht und mit Marschas Hilfe die magischen Gegenstände identifiziert.
600 goldene und 66 Platinmünzen nahmen wir mit. Es gab noch viel Silber und Kupfer, aber das war viel zu schwer, um es mit sich herum zu schleppen. Die Stiefel waren magisch und man hörte einen nicht mehr, wenn man damit herumlief. Die bekam Artemis. Dann gab es einen Zauberstab, der Netze werfen konnte, so wie bei Hilla und den bekam Luker. Die Krönung war ein Wurfspieß, der sich nach dem Werfen in einen Blitz verwandelte. Den bekam auch Artemis.

Wir wollten uns auf den Rückweg machen. Es war zwar schon gegen Abend und ich konnte kaum laufen, aber an diesem Ort des Grauens wollten wir nicht bleiben. Marscha meinte, dass sie eine geeignete Stelle kennen würde und dass es nicht weit wäre. Wir machten uns auf den Weg und nach kurzer Zeit rochen wir den Duft von Erbsensuppe.
"Ist uns die Hütte gefolgt?", fragte Luker. "Ich sagte doch, die ist komisch."
"Erbsensuppe kann ich immer essen.", lachte ich.
Marscha war stehen geblieben. "Ihr wart in einer Hütte gewesen? Eine aus Holz, in der ein Feuer brennt und ein Topf mit Erbsensuppe über dem Feuer hängt?"
"Ja, genau.", sagte Artemis. "War da was falsch dran?"
"Und jetzt ist die Hütte hier?"
"Scheinbar, es ist der gleiche Duft."
"Die Hütte gehört Torra Zweigesicht oder umgekehrt, das weiß man nicht so genau. Was will sie hier?"
"Wer, Torra oder die Hütte?"
"Tja …, ich hoffe, es ist die Hütte."
"Was bedeutet 'Zweigesicht'?", wollte Luker wissen.
"Sie trägt eine Maske wie beim 'Verkehrten Tag', wenn die Herren ihre Diener beköstigen."
Von dem Brauch hatte ich als kleines Mädchen in einer Gutenachtgeschichte gehört, aber bei uns im Dorf gab es keine Herren. Eigentlich gab es außer dem Eisenherrn überhaupt keinen Herrn in Rashemen, denn es gab keine Diener. Wir halfen ihm auch nur im Kriegsfall. Wir sind Rashemi und wir sind frei, das wurde uns so gelehrt.
Klar, wir hörten auf die Hexen, weil sie mit dem Land und den Geistern reden konnten. Die höchsten der Hexen, also die des Konzils, trugen auch Masken.
"Es hat sowieso keinen Zweck ihr auszuweichen," sagte Marscha, "lass uns nachsehen, was sie will."
Also gingen wir zur Hütte und klopften an. Die Tür ging auf und wir sahen Torra.
Die Maske, farblich passend zum Kleid, bedeckte die Augen, aber ich war mir sicher, dass sie sehr gut sehen konnte, denn ihr Gesicht wanderte von einem zum anderen. Von, dem, was ich sehen konnte, schätzte ich die Frau auf Mitte dreißig. Marscha war dick und gemütlich, aber Torra war das genaue Gegenteil. Sie war groß, schlank und hager. Sie wirkte nicht gemütlich, eher wie ein gespannter Bogen.
Das Gewand war dunkelblau, prächtig und mit Spitzen besetzt. Die Haare, die unter der Kapuze hervorschauten, waren schwarz. Nur wenige silberne Strähnen waren zu sehen. Um ihre Beine drückte sich eine pummelige schwarzweiße Katze.
"Guten Abend, liebe Marscha.", sagte eine honigsüße Stimme. "Guten Abend Kinder."
War das so eine Hexenangewohnheit, alle Leute als Kinder zu bezeichnen?
Die Katze maunzte. War das ein 'Ja'?
"Guten Abend Torra.", Marschas Stimme klang eisig. "Wartest du auf jemanden?"
"Das könnte man so sagen, liebe Marscha. Nicht auf dich, möchte ich hinzufügen."
"Zu schade. Willst du uns nicht hineinbitten, wenn wir schon einmal hier sind?"
"Aber sicher, nehmt Platz. Wo die Suppe ist, wisst ihr ja schon."
In der Hütte stand diesmal zusätzlich ein Tisch mit sechs Stühlen. Auf dem Tisch standen Teller, Gläser und Besteck. Ein aufforderndes Nicken Richtung Herd ließ uns nicht zögern. Wir füllten unsere Teller und setzten uns. Unsere Gläser füllten sich mit einer goldgelben Flüssigkeit. Luker roch vorsichtig daran und meinte: "Met. Lecker."
Die Katze sprang auf den letzten freien Stuhl und rollte sich zusammen.
"Wie heißt denn die Katze? Die Schwarzweißen sind selten.", wollte ich wissen.
"Sie heißt Pummel."
"Ja, das passt."
Die Katze warf mir einen missmutigen Blick zu und beschwerte sich leise.
"Warum trägst du eine Maske?", wollte Artemis wissen.
"Damit wirkt man geheimnisvoller und schüchtert einfache Leute ein.", kommentierte Marscha.
"Das stimmt," lächelte Torra. "Auf der anderen Seite tragen die wychlaran des Rates alle Masken."
"Ja, die hathran tragen Masken. Die durthan allerdings auch."
"hathran, durthan? Wer ist das?", wollte Luker wissen.
"Es gibt mehrere Arten von Hexen in Rashemen. Die hathran kümmern sich um das Land, den Eisenherren und die Geister. Vor vielen Jahren kam es zu einem Konflikt über die Frage, wie die Geister des Landes zu behandeln seien. Einige meinten, sie könnten die Macht der Geister für ihre Zwecke nutzen. Das waren die durthan."
"Waren?"
"Ja, wie bei Konflikten leider üblich, gab es nur eine Lösung. Die durthan wurden getötet. Das geschah recht heimlich, deshalb habt ihr wahrscheinlich noch nie davon gehört."
Wir schüttelten den Kopf.
"Torra gehört nicht zum Rat, jedenfalls wäre mir das neu. Und damals starben nicht alle durthan." Marscha schaute sie herausfordernd an.
Torra nickte. "Da hast du recht, aber du verdächtigst die Falsche. Ich bin eine unabhängige Kümmerin. Glaubensrichtungen sind mit sehr egal, deshalb gibt es, nun sagen wir, Vorbehalte bei den etablierten Dorf- und Sumpfhexen, den ethran."
Sie sprach ethran wie etwas aus, das nicht vollwertig war. Hier fand ein Duell statt. Ein heftiges, auch wenn es nicht mit Zaubern, sondern mit Worten ausgefochten wurde.
"Torra, immer wenn es irgendwo Probleme gibt, bist du in der Nähe."
"Ja, weil ich sie versuche zu lösen."
"Nicht auszulösen? Der Rat …"
"Ach, der Rat. Was weißt du denn vom Rat. Nichts. Du zählst Tiere und du siehst, das etwas geschieht. Das sehe ich auch und ich suche nach der Ursache des Problems. Dazu benötige ich Hilfe. Ich habe die Kleine hier bei einem Duell mit einem Seiler gesehen. Der Junge da," sie zeigte auf Luker, "hat versucht, sich mit mir zu unterhalten."
Luker verschluckte sich an seiner Suppe. "Du warst die Eule?"
Torra lächelte und nickte. "Genau die. Hübsche Bärengestalt übrigens."
Die Kleine? Ich war größer als die meisten Mädchen und auch größer als viele Männer. Ich lief langsam rot an.
"Hör mal, Hexe, nenn mich nicht 'Kleine'. Und Luker ist auch nicht 'der Junge'. Ich nenn dich ja auch nicht 'die Omma da'."
In Lukers und Artemis Gesichtern begann sich Entsetzen abzuzeichnen. Marscha schaute mich überrascht an.
Torra begann zu lachen und es war erstaunlicherweise ein fröhliches Lachen. Marscha begann ebenfalls zu lächeln.
"Marscha, verstehst du jetzt? Die junge Dame hier hat weder Respekt noch Angst. Niemand kennt sie und sie ist nicht in Beziehungsgeflechte eingebunden, ebenso wenig ihre Freunde. Es geht etwas vor und ich glaube, dass man nicht einmal mehr den Logen trauen kann, jedenfalls nicht allen. Die telthor im Tal von Immil sind beunruhigt. Sie sagen, dass in den Logen etwas vorgeht, aber sie wissen nicht was. Der Moosstein zeigt seltsame Träume von Blut und Aufruhr. Es wäre schön, wenn ihr dort nachsehen geht. Ihr seid unauffällig, denn niemand vermutet etwas bei drei so jungen Rashemi. Ihr seht aus wie viele, die ihr dajemma zum Stein machen. Die Entscheidung liegt natürlich bei euch."
Marscha begann zu überlegen. "Mit den telthor hast du recht. Bei mir in der Nähe der Hütte lebt auch einer. Er war recht unglücklich die letzte Zeit, aber er konnte nicht sagen, warum."
"Was ist ein telthor?", wollte Artemis wissen.
"Ein Naturgeist. Er kann verschiedene Formen annehmen, also zum Beispiel einen Bären oder einen Hirsch. In dieser Form besuchen sie die Umgebung und schauen nach dem Rechten. Die Logen haben alle einen telthor, der das jeweilige Logengebäude beschützt."
"Ein Hirsch? Wir haben einen gesehen, der die Hütte beobachtet hat. Er war schneeweiß."
"Ja," nickte Marscha, "das war meiner."
Die Logen! Sie waren der Traum eines jeden Rashemi berserkir. Man musste würdig sein, um dort aufgenommen zu werden, hatte mir Bolg erzählt. Es gab strenge Aufnahmerituale. Sie waren die Elitetruppen des Eisenherrn. Er sagte auch, dass meine Art zu kämpfen, also jemanden erst umzuwerfen und ihn dann zu zerhacken, ähnlich wäre wie die der Mitglieder der Wolfsloge.
Dort sollte etwas nicht stimmen? Das konnte ich nicht glauben.
"Die Logen sind der Schutz des Landes. Das kann nicht sein.", sagte ich.
"Du hast recht.", antwortete Torra. "Das darf nicht sein. Umso schlimmer, wenn sie korrumpiert werden. Ich sagte ja auch, es sind nicht alle. Ich weiß nur nicht, welche richtig und welche falsch sind."
Luker wirkte nachdenklich. "Wir hatten einen untoten Berserker getroffen auf dem Weg zur Drachenhöhle. Er hat etwas gemalt. Es sah aus, als wäre er von Mitgliedern seiner Loge ermordet worden und es war die Wolfsloge."
Torra nickte traurig. "Wusste er, wer das war?"
"Ein Mann und eine Frau. Die Frau konnte zaubern."
"durthan." Torras Gesicht wirkte hasserfüllt. "Verdammte Unruhestifter."
"Steckt wieder einmal Thay dahinter?", fragte Marscha.
"Das weiß ich nicht. Noch nicht. Ich werde weiter forschen. Ihr schlaft mal eine Nacht drüber. Morgen brauche ich die Antwort."
Da musste ich nicht drüber schlafen. Das Tal von Immil sehen! Mystra selbst hatte es geschaffen nach den furchtbaren Ereignissen im letzten Jahrhundert. Es war ein Ort immerwährenden Frühlings und bewohnt von freundlichen Geistern. So hieß es zumindest.
Der Blick der maskierten Hexe ruhte auf mir. "Ja, das dachte ich mir."
"Was sollen wir denn da tun?", fragte Luker.
"Besucht den Moosstein und übernachtet dort. Er sendet Träume an diejenigen, die in seinem Schatten ruhen. Er gehört zum Land wie die Geister. Wenn das Land leidet, wird er euch die richtigen Träume senden. Das ist zumindest meine Hoffnung. Dann tut, wie ihr geträumt habt."
"Sollen wir dir dann Bescheid geben? Und wie machen wir das?"
Die Hexe kramte einen kleinen weißen Quarzkiesel aus der Tasche.
"Das ist ein Sendestein. Er ist auf mich eingestellt.
Nimm den Kiesel, halte den Kiesel,
Dreh den Kiesel dreimal im Kreis,
Klopf auf den Kiesel, wirf hoch den Kiesel,
Dann rede mit ihm, wie jeder weiß.
Hier, nimm ihn."
Dann fiel uns noch der gelbe rauchende Trank ein und Torra wusste, was das war. Man konnte damit Feuer spucken, wenn man ihn trank. Das war ja toll. Luker würde wohl am ehesten etwas damit anfangen können. Ich hatte ja meine Axt und Artemis seinen Bogen. Dann fiel Luker noch etwas ein.
"Marscha, was machen wir mit dem Amulett? Deswegen sind wir ja hier. Ein Dunkeling wollte es einem Elfenkind abnehmen und wir haben es vor ihm gefunden. Asami hat uns damit zu dem Kreis der Sieben geschickt. Dort sollte es wohl abgegeben werden. Wir waren da, aber da war niemand."
"Zeigst du es mir mal?"
Luker händigte das Amulett aus. Marscha hielt es hoch und Torra pfiff durch die Zähne. Marscha sah sie überrascht an.
"Du kennst es?"
"Nicht das hier persönlich, aber die Art. Es ist ein Portalamulett. Es öffnet Wege zwischen den Welten. Der Besitzer war nicht zufälligerweise von Adel?"
"Doch, Asami sagte, er wäre ein Prinz des Herbstes."
"War? Ei wei, das ist nicht gut. Der Prinz ist tot?"
"Ja, leider. Eine große Spinne hat ihn getötet."
Torra wurde noch blasser, als sie eh schon war.
"Die Spinne hatte nicht zufälligerweise lila Muster auf dem Panzer?"
"Doch, hatte sie. Aber sie war auch schwer verwundet. Wir haben sie getötet."
"Auch? Wer denn noch? Egal, das war jedenfalls eine Nezim. Sie verfolgte einen Prinzen? Und ein Dunkeling ebenfalls? Irgendetwas geht im Feenreich vor. Vielleicht ist es das, was die telthor beunruhigt. Hm, danke für den Hinweis. In diese Richtung hätte ich nie gesucht."
Marscha meinte: "Ich würde vorschlagen, dass ihr erst zum Moosstein reist. Ich werde mir den Kreis einmal ansehen und meinen telthor mitnehmen. Ohne das Amulett sollte von dort niemand durchkommen. Derjenige, der es haben will, wird sicher danach suchen. Hoffen wir, dass er es erst spät findet."
"Da kann ich helfen." Torra kramte in den Tiefen ihres Gewandes und zog ein kleines Kästchen hervor. Es war aus Holz, bunt bemalt und sah aus wie etwas, das man von langen Reisen als Andenken mitbringen würde. Das Bild stellte kitschig bunte Bäuerinnen dar, die glücklich grinsende Ziegen melkten. Meine zu Hause grinsten dabei nicht und versuchten, den Eimer umzuwerfen oder mich zu schupsen. Innen war es mit einem stumpfgrauen Metall ausgeschlagen.
"Das sollte helfen. Das ist Blei und hilft gegen neugierige magische Augen."
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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28 Nightal 1491 DR

Nach dem Frühstück erklärten uns die Hexen den besten Weg. Leider hatte jede von ihnen eine andere Meinung und sie zankten sich herum. Hexen waren wohl wie Katzen: Es konnte nur eine in einem Revier geben. Ich wunderte mich langsam, wie sie es geschafft hatten, ein Konzil zu bilden, um die Geschicke des Landes zu lenken.
Marscha wollte noch Asami Bescheid geben, dass hier was Wichtiges wäre und wir später zurück kommen würden. Da musste Papa eben sehen, wie er zurechtkam. Ich war keine geborene Bäuerin, das war mal klar. Er sollte wieder heiraten und Kinder in die Welt setzen, die seinen Hof übernahmen. Ich werde es nicht tun.
Wir beschlossen, uns weitestgehend an den Weg von Torra zu halten. Sie schien uns von den beiden weiter herum gekommen zu sein.
"Was meint ihr?", fragte Luker. "Stimmt das, was Zweigesicht sagt?"
"Sie klang besorgt.", erwiderte Artemis. "Und Marscha hat ja auch gesagt, dass etwas nicht stimmt. Ich traue ihr trotzdem nicht über den Weg. Eine unabhängige Hexe? Verstößt das nicht gegen irgendwelche Regeln?"
"Bestimmt.", meinte ich. "Aber vielleicht braucht es ab und zu so jemanden. Tradition und neue Sachen schließen sich manchmal aus. Da braucht man jemanden, der anders denkt."
"Ui, das war ja richtig tiefsinnig.", spottete Luker. "Hätte ich dir gar nicht zugetraut."
Ich beließ es dabei. Wenn ich ihnen erzähle das ich Eisenherrin werden will, dann hätten sie noch viel mehr gelacht. Aber so? Verrat aufdecken, eine große Gefahr abwenden, das waren doch Möglichkeiten! Ich hing meinen Tagträumen von Ruhm und Glorie nach.
Nicht lange. Wir nahmen einen anderen Weg durch den Sumpf, denn hier vertrauten wir Marschas Beschreibung. Prompt liefen wir den Echsenmännern in die Arme. Zwei davon waren wohl bei unserem kleinen Gespräch an der Hütte dabei, denn sie grüßten uns.
"Ihr gefunden Hesse? "
"Ja, sie ist auf dem Weg nach Hause. Die Würmer sind tot."
"Dass gut zu wissen. Dann wir euss lasssen in Frieden ssiehen. Wohin wollt ihr?"
"Zum gespaltenen Baum und dann nordwärts.", antwortete Luker.
"Hiss, hiss, der gesspaltene Baum. Dass isst gefährlisse Landmarke."
"Warum? Marscha hat nicht davon gesagt."
"Ssie nisst wissen. Ess neu. Dort jesst wohnen grosse komisse Ding wass sseissen in Wasser und sstinken. Ihr vorssisstig ssein."
Das große komische Ding war wohl wirklich groß. Es hatte einem langen Hals mit einem schweren Kopf und graste im Sumpf. Es stank widerwärtig, sagten die Echsenmänner. Wir bedankten uns und setzten die Reise fort.

Am Nachmittag erreichten wir den Baum und wir rochen das Monster. Der Sumpf wirkte ungesund und die Grasbüschel waren abgestorben.
"Puh, die Echsenmänner haben gelogen.", sagte Luker.
"Wieso? Hier stinkt es doch bestialisch."
"So ist es. Sie sagten aber widerwärtig und das ist untertrieben. Ich kotze gleich."
Es raschelte in unserer Nähe. Büsche bewegten sich und Zweige knackten. Dann sahen wir das Monster. Das Ding war ein Alptraum. Es hatte einen Körper wie eine Kuh, dazu einen elend langen Hals und darauf saß ein Kopf mit großen Hörnern. Das Gesicht wirkte menschenähnlich und im Kiefer steckten lange scharfe Zähne. Es betrachtete uns mit sichtlichem Wohlwollen. In seinem Gesicht stand nur ein Wort geschrieben: Abendessen. Es muhte lustig vor sich hin und kam auf uns zu gestapft und das ziemlich schnell.
Artemis zog sich etwas zurück und spannte seinen Bogen. Luker verwandelte sich in einen Worg. In mir brodelte die Wut.
Ich bewegte mich mit erhobenem Schild und schlagbereiter Axt auf das Wesen zu. Es holte tief Luft und nebelte uns mit einer stinkenden Wolke ein. Ich kämpfte mit meinem Brechreiz und gewann. Dann schlug ich zu. Es versuchte mich zu beißen und zu treten, aber mit meinem Schild und meiner Beinarbeit konnte ich dem ausweichen. Artemis feuerte, was das Zeug hielt und Luker bewarf es mit seinen flammenden Kugeln. Ich schlug immer wieder zu. Heute hatte ich meinen guten Tag, denn jeder Schlag saß. Nach kurzer Zeit sah das Monster ein, dass es hier den Kürzeren ziehen würde und versuchte, sich zurückzuziehen. Dann warf Artemis seinen neuen Wurfspeer. Der Donnerschlag riss mich von den Beinen und das Vieh auseinander. Rauchende Fleischfetzen regneten um uns herum zu Boden.
"Huch!", sagte Artemis.
"Ich bin taub.", murmelte ich und versuchte, mich wieder zu erheben. "Bei den Drei, ich hasse Magie."
"Geheilt wirst du aber gerne, oder", meinte Luker.
Gut, das war ein Argument. Ich wartete, bis das Klingeln in meinen Ohren nachließ. Dann suchten wir uns eine ruhige und nicht stinkende Stelle und schlugen unser Nachtlager auf.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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29 Nightal 1491 DR

An einem Baum hing ein Skelett. Es war mit einem silbernen Speer an den Baum genagelt worden. Interessanterweise waren keine Knochen heruntergefallen, denn die gefrorenen und mumifizierten Sehnen hielten es noch zusammen. Das Wesen war vielleicht 160 cm groß und recht schlank gebaut. Ein Mensch war es wohl nicht gewesen.
Der Speer war seltsam, sehr dünn und mit elfischen Schriftzeichen übersät. Keiner von uns konnte sie lesen. Der Speer sah wertvoll aus. Luker meinte, das wäre vielleicht eine Ritualwaffe. Warum hatte man das Wesen an den Baum genagelt?
Artemis zerrte den Speer aus dem Baum. Das war nicht so einfach, denn man hatte ihn mit Gewalt hinein getrieben. Das Skelett fiel zu Boden. Leichter Nebel bildete sich über den Knochen.
"Das war ein Fehler.", meinte Luker trocken. "Schieb das Ding wieder rein."
Leichter gesagt als getan. Fleisch begann sich auf den Knochen zu formen und Eingeweide füllten den Bauchraum. Es versuchte, sich aufzurichten. Der knochige Arm wischte den Speer beiseite.
"Mist.", fluchte Artemis und stach erneut zu. Das Skelettding wich aus. Ich trümmerte ihm meine Axt in den Körper, aber das hatte nicht den gewünschten Effekt. Es war, als hätte man in einen versteinerten Baum gehackt. Das Ding wurde langsam zu einer Frau, wie ich entsetzt feststellte. Rotleuchtende Augen starrten mich aus knöchernen Augenhöhlen an. Luker warf seine Flammenkugel und das beruhigte das Ding. Es zappelte auf dem Boden herum, aber es bildete sich auch kein weiteres Fleisch. Endlich traf auch Artemis und nagelte es an den Boden.
Dann zerhackten wir den Kadaver mit viel Mühe und warfen ihn weit verteilt in den Sumpf. Den Speer nahmen wir mit.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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30 Nightal 1491 DR

Uns kamen Leute entgegen. Sie waren beritten, denn wir hörten das Schnauben von Pferden. Luker und Artemis verschwanden in den Büschen.
Der Mann, der mir entgegen kam, war von Kopf bis Fuß in Eisen gehüllt. Er hatte einen langen Speer mit einer dreieckigen Spitze in der Hand und ein Schild baumelte am Sattelknopf. Hinter ihn waren zwei weitere Männer, ein älterer und ein sehr junger. Sie waren in lange Wintermäntel mit Pelzbesatz gehüllt. Dann hatten sie noch ein Packpferd dabei, was von dem Jungen geführt wurde.
Der Panzermann hielt an.
"Ho, junge Frau, was machst du hier in diesem gefährlichen Wald?"
Sein Dialekt war schwer verständlich und so schloss ich messerscharf, dass er kein Rashemi war.
"Ich reise, so wie du, und der Wald ist nicht gefährlich."
"Wie du meinst. Ich habe ein Gerücht gehört. Sag mal, weißt du von Drachen hier in der Gegend?"
"Ja, zwei Tagereisen südlich von hier gab es zwei."
"Gab?"
"Sie sind tot. Ich habe sie erschlagen."
"DU?!?"
Der Mann begann zu lachen. Der ältere Mann, der wachsam in die Büsche und Bäume am Wegesrand geschaut hatte, verdrehte die Augen.
"Du lachst über mich? Du bist kein Ausländer von Ehre, der von unseren Gesetzen geschützt wird."
"Ach, und was willst du tun?"
Der Mann wurde mir langsam unsympathisch.
"Lirosh.", sagte der ältere Mann scharf. "Lass es gut sein. Die junge Dame war freundlich. Sei du es auch."
Das Pferd tänzelte, als der Panzermann an den Zügeln zog.
"Wenn du meinst. Geh mir aus dem Weg, damit wir weiterkommen."
Es reichte. Ich trat an das Pferd heran und griff in die Trense. Dann ruckte ich kräftig. Das Pferd stieg auf und buckelte. Der Reiter war so überrascht, dass er aus dem Sattel stürzte und mit lautem Scheppern auf dem Waldboden aufschlug. Die beiden anderen Pferde wurden nervös und tänzelten ebenfalls. Nicht für lange, denn aus dem Gebüsch dröhnte das tiefe Knurren eines Wolfes. Eines sehr großen Wolfes. Das führerlose Pferd reagierte instinktiv, ging durch und die drei anderen galoppierten hinterher. Die überraschten Reiter mühten sich, im Sattel zu bleiben und nicht von den tief hängenden Ästen herunter gefegt zu werden.
Lirosh versuchte, auf die Füße zu kommen. So viel Eisen war dabei hinderlich, merkte ich. Ein kräftiger Schildstoß gegen den Helm warf ihn wieder hin.
Der riesige Wolf kam aus dem Gebüsch, hob sein Bein und pinkelte ihm auf den Helm. Die dampfende gelbe Brühe lief durch die Sichtschlitze ins Innere.
"Du hast recht, der Wald ist gefährlich. Für dich. Du solltest Rashemen verlassen. Leute wie du sind hier nicht willkommen. Der nächste berserkir, den du so unhöflich ansprichst, ist nicht so nett wie ich."
Wir gingen weiter. Hinter uns waren leise Würgegeräusche zu hören.

Gegen Abend fanden wir seltsame kleine Puppen und Federbüschel in Büschen und an den Bäumen.
"Was ist das?", fragte ich.
"Keine Ahnung," antwortete Luker, "sowas habe ich noch nie gesehen oder davon gehört."
"Ich glaube," meinte Artemis, "dass hier jemand sein Revier markiert hat."
"Warum haben denn Torra oder Marscha nichts davon gesagt?", wollte ich wissen.
"Ich glaube langsam," antwortete Luker, "dass die Allwissenheit der Hexen etwas überschätzt wird."
Das ließ er mal besser nicht die Hexen hören. Als es anfing zu dämmern, suchten wir uns einen Lagerplatz. Das Feuer prasselte, wir kochten unser Essen und rückten näher an das Feuer, denn die Nacht versprach, kalt zu werden.
Dann raschelte es und eine Gestalt kam aus dem Gebüsch, die entfernt an einen Elfen erinnerte, nur das sie noch schlanker war, wenn das überhaupt noch möglich ist. 'Dünn' war das passende Wort. Sie trug Lederkleidung, hatte einen Bogen und ein kurzes krummes Schwert bei sich und blieb knapp außerhalb unseres Lagerfeuers stehen.
"Beute, ich grüße euch. Im Morgengrauen werden wir euch jagen und töten."
"Was?"
"Du hast richtig verstanden. Wir sind die tau'ri und ihr seid auf unserem Gebiet. Damit seid ihr Beute."
"Ja, aber …"
"Nichtwissen ist keine Entschuldigung. Am Morgen beginnt die Jagd."
Damit verschwand er im Schatten. Was machen wir denn jetzt?
Luker meinte, schlafen. Wenn wir jetzt abhauen würden, würde das eine Nachtjagd und da wäre ich doch sehr im Nachteil. Er glaubte nicht, dass die tau'ri sich davon abhalten lassen würden, wenn wir jetzt flüchteten. Wir würden uns zum Morgengrauen auf den Weg machen und wachsam sein müssen. Leider wussten wir nicht, wie viele Jäger uns jagen würden.
Das merkten wir am Morgen, denn es waren mehrere.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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1 Hammer 1492 DR

Nach dem Frühstück verwandelte sich Luker in einen Bären und verschwand im Wald. Artemis und ich wanderten vorsichtig über den Waldweg. Ab und an zischte ein Pfeil an uns vorbei. Ich hatte aber den Eindruck, dass sie uns damit nur ärgern wollten. Irgendwo lauerte ein Hinterhalt.
"Wir brauchen eine Stelle, an der wir uns verteidigen können.", sagte ich zu Artemis. "So was wie einen Hügel oder ein großes Dickicht."
"Das stimmt. Wir laufen auf eine Falle zu, da bin ich mir sicher."
Dann tauchte der Bär auf und machte Gesten, damit wir ihm folgen. Er legte in gutes Tempo vor und wir begannen, zu rennen. Im Wald wurde es lebendig. Das war offensichtlich ein Abweichen vom Plan und die Jäger fanden das nicht gut. Nach kurzer Zeit erreichten wir einen Hügel, auf dessen Kuppe viele Steine lagen. Das war jetzt nicht viel, aber ein paar Steine in Brusthöhe waren schon ein guter Schutz gegen Pfeile.
Ich sah auf den Wald hinunter. Ab und an sah ich Bewegungen.
"Das ist Mist hier. Wenn es dunkel wird, sind wir reif. Aber ich kann ja nicht einfach in den Wald stürmen."
"Das stimmt," sagte Artemis. "Wir müssen sie irgendwie hierher locken."
Dann schnalzte er mit den Fingern.
"Ich habe eine Idee. Lass dich erschießen. Vielleicht kommen sie dann nach oben, wenn nur noch ein Gegner da ist."
"Was?"
"Stell dich hin und warte, bis Pfeile fliegen. Dann gehst du zu Boden und klemmst dir einen Pfeil zwischen Arm und Körper. Dann siehst du tot aus. Wenn sie kommen, kannst du ihnen eine Lektion erteilen."
Aus dem Wald gellten Schmerzensschreie. Luker war wohl auch dabei, Lektionen zu erteilen.
"Gut, versuchen wir es."
Und es funktionierte. Ein List im Kampf hatte ich noch nie verwendet. Da hatte ich noch etwas zu lernen, glaube ich. Ich wanderte unvorsichtig hin und her und irgendwann traf mich ein Geschoss. Das tat zwar weh, war aber nicht schlimm und ich ging theatralisch zu Boden. Artemis schrie und zeterte und tat so, als würde er flüchten wollen. Tatsächlich versteckte er sich aber nur und wartete.
Wir mussten nicht lange warten. Einer der tau'ri tauchte auf und schaute auf mich herunter. Zwei weitere machten sich auf die Suche nach Artemis. Mein Schild zuckte nach oben und auch die tau'ri hatten die empfindliche Stelle dort, wo man sie erwarten würde. Er stöhnte auf und klappte zusammen. Ein Schlag mit der Axt beendete die Jagd für ihn. Ich sprang auf und stellte mich dem zweiten entgegen, der mit seinem Krummschwert auf mich einschlagen wollte. Das war ein kurzes Vergnügen, den auch sein Blut rötete schnell den Schnee. Der Gegner von Artemis hatte einen Pfeil in der Gurgel und aus dem Wald drang ein schmerzerfülltes Wimmern, als der Bär ebenfalls sein Werk vollendete.
Es war wohl keiner mehr da und so wanderten wir weiter. Gegen Abend sahen wir Feuerschein. Artemis schlich sich vorsichtig näher, kam aber sehr schnell wieder zurück.
"Es scheinen drei junge Mädchen zu sein, die wohl miteinander verwandt sind. Sie sehen sich sehr ähnlich und hübsch sind sie nicht. Schlimm ist das, was sie gerade tun. Sie rösten Fleisch über dem Feuer. Der Kadaver liegt hinter ihnen. Es ist ein Elf, wen ich das richtig gesehen habe."
Wir diskutierten kurz, ob wir da was tun sollten, aber Luker meinte zu Recht, dass das dem Elf auch nichts mehr nützen würde. Also umgingen wir die Stelle und suchten uns eine geschützte Mulde.

In der Ferne hörten wir in der Nacht das Geräusch von Donner und etwas wie ein riesiges Feuer spiegelte sich kurz an den tiefhängenden Wolken. Was war da passiert? Luker meinte, dass wäre die Stelle wo die drei komischen Mädchen gesessen hätten.

Die restliche Nacht verlief ruhig.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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2 Hammer 1491 DR

Am nächsten Morgen erreichten wir die Goldene Straße. Wir waren zu weit westlich heraus gekommen und mussten ein kleines Stück zurück.

Es waren vier, die aus den Büschen auf die Straße traten. Sie sahen ungepflegt aus und ich vermutete, dass diese hier wohl Räuber waren. Die gab es selten, weil der Eisenherr eine einfache Methode hatte, um die Wiederholungsgefahr einzudämmen. Sie wurden sofort hingerichtet. Eine Entschuldigung gab es nicht. Außerdem gab es eigentlich auch keinen Grund, andere auszurauben. Jeder hatte Arbeit, wenn er wollte. Selbst Kabbi hatte ab und an gearbeitet, wenn ihm das Geld für den Schnaps ausging und er nichts stehlen konnte.
"He Kinder, das hier wird friedlich ausgehen, wenn ihr einfach eure Geldbörsen auf die Straße legt und euch dann verpisst. Bevor ihr auf dumme Gedanken kommt, im Gebüsch sind noch Bogenschützen."
Tatsächlich raschelte es dort vernehmlich. Wie viele das waren, konnten wir aber nicht erkennen. Luker und Artemis sahen mich an.
"Wie schnell sind wir?", fragte ich auf elfisch. Ich wurde bereits rot im Gesicht. "Ich gebe mein Geld nicht her. Sie können auch nicht schießen, wenn wir angreifen."
"Ich mache den Worg", sagte Luker, "und gehe mal in die Büsche."
"Na, dann."
Ich fixierte den Anführer. "Och nö, keine Lust."
Mit lautem Gebrüll und wirbelnder Axt sprintete ich los.
"Scheiße, das Mädchen ist ein berserkir! Alle zugleich!" Die Männer zogen ihre Waffen und verteilten sich. Aus dem Gebüsch pfiffen zwei Pfeile an mir vorüber. Dann hörte ich hinter mir das befriedigende Knurren eine riesigen Wolfes und die schrillen Entsetzensschreie der Bogenschützen.
Einer der Männer fiel um, als ihn ein Pfeil in die Brust traf.
"Scheiße, scheiße, scheiße …" Der Anführer schlug nach mir, traf aber nicht. Im Gegenzug schmetterte ich ihm den Schild ins Gesicht und hackte dann wie wahnsinnig auf den am Boden Liegenden ein. Blut spritze durch die Luft und gefror zu kleinen roten Kugeln. Die beiden anderen sahen fassungslos zu und rannten dann los, in dem Versuch, zu entkommen. Einer brach kurz darauf zusammen. Ein Pfeil steckte zwischen seinen Schulterblättern.
Der Wolf kam aus dem Gebüsch, das Maul war blutgerötet. Dann verwandelte Luker sich zurück.
"Bäh.", sagte er und wischte sich den Mund mit Schnee ab. "Das ist schon ekelig."
"Einer ist entkommen.", sagte ich. "Wollen wir ihn verfolgen?"
"Lass mal. Der hat sich so vollgepisst, dass ihm wohl gleich die Hose am Hintern festfriert." Er deutete auf die gelben Sprenkel im Schnee.
Die Räuber hatten nicht viel bei sich. Ein paar Silber- und Kupfermünzen waren alles. Artemis füllte sich noch seinen Köcher und dann zogen wir weiter.

Eine Karawane kam uns entgegen. Es waren etwa ein Dutzend Karren, von Ponys gezogen, die von sehr kleinen Männern begleitet wurden. Sie hatten lange Bärte und waren von Kopf bis Fuß in Eisen gehüllt und schwer bewaffnet. So breit, wie sie waren, waren sie wohl auch noch kräftig. Vielleicht wie Ameisen, die konnten trotz ihrer geringen Größe ziemliche Lasten tragen. Das waren mit Sicherheit Ausländer. Was machten sie in Rashemen?
Sie waren auf der Goldenen Straße, fiel mir ein und da reisten immer Fremde, hatte Bolg erzählt. Wir brauchten ein paar Dinge, die wir nicht selber herstellen konnten und die Fremden wollten Sachen, die es nur hier gab, Feuerwein zum Beispiel oder unseren berühmten Blauschimmelkäse. Das nannte man Handel.
Nun gut, wir grüßten freundlich. Sie grüßten zurück und verbeugten sich. Das fand ich jetzt übertrieben, denn wir waren ja keine Hexen.
"Den Drei zum Gruße, edle Damen und Herren."
"Den Drei zum Gruß.", erwiderte Luker. "Was macht ihr edlen Herren hier auf der Straße?"
"Wir sind Händler und auf dem Weg nach Immilmar, um dort unsere Waren zu verkaufen. Ihr habt nicht zufälligerweise Interesse an schönen Waffen?"
Der kleine Mann lächelte.
"Waffen? Ja, schon. Habt ihr berserkir-Waffen?", fragte ich.
"Ob die speziell für Berserker sind, weiß ich nicht.", antwortete der kleine Mann. "Aber sie werden gerne von den stämmigen Kriegern hier gekauft."
"Dann sind das wohl welche. Darf ich mal sehen?"
"Gerne. Wir wollten uns gerade einen Lagerplatz suchen. Vielleicht mögt ihr bei uns übernachten?"
"Das hört sich gut an.", sagte Artemis. "Das Angebot nehmen wir gerne an."
"Herr Elf, ich danke für eure Freundlichkeit."
Und so schlossen wir uns den Händlern an. Wir mussten zwar ein paar Minuten auf dem Weg zurück, aber das war interessant. Wir lernten etwas über die nördlichen Gebirge und wer da so wohnte. Die Zwerge waren freundlich, aber ich hatte den Eindruck, dass man sie nicht reizen sollte. Das wären mehr als würdige Gegner, vor allem, weil sie die besseren Waffen hatten. Aber Zwerge haben kein Interesse an Land. Sie buddeln sich durch die eisigen und schroffen Berge, wo eh niemand leben möchte. Sie grinsten und meinten, da unten würde es eben nicht regnen und schneien.
Nach kurzer Zeit fanden sie einen Platz recht attraktiv und beschlossen, hier die Nacht zu verbringen. Der war recht groß und sie konnten die Wagen in eine Art Burg zusammen fahren. Außerdem gab es hier Feuerholz. Sie hatten lustige Namen wie Torkil Breitlächler oder Glod Grimmson. Viele von ihnen waren bewaffnet wie ich, also mit Schild und Axt. Einige andere trugen Hämmer. Meine Axt wurde mitleidig betrachtet. Mein Schild auch.
"Bei Dumathoins Bart," sagte einer der Zwerge nach einiger Zeit, "kämpfst du wirklich mit diesem Stück Eisen?"
"Ja, und das nicht schlecht, Herr Zwerg. Aber ich weiß, dass das hier nicht die beste Axt ist, deshalb hatte ich nach einer berserkira-Axt gefragt."
"Ich verstehe. Da finden wir etwas Besseres oder ich will nicht Gloin Gloinson heißen."
"Die sind bestimmt teuer.", sagte ich mir hoffnungsloser Stimme. "Ich hoffe, ich kann sie bezahlen."
"Ach, wir werden sehen." Der Zwerg lächelte von einem Ohr zum anderen. "Wir werden bestimmt handelseinig. Schließlich wollen wir die Äxte nicht wieder mit nach Hause nehmen, nicht wahr?"
Artemis nahm mich beiseite. "Das sind Händler. Schrei nicht direkt 'Juchhu', wenn sie dir was zeigen. Schau kritisch und sag: 'Da gibt es bestimmt was Besseres'. Dann musst du handeln. Der halbe genannte Preis ist gut."
"Ich weiß nicht, wie man handelt. Das war im Dorf nicht üblich."
"Das stimmt. Ich helfe dir. Ich war schon ein paar Mal in Mulsantir." Dankbar lächelte ich ihm zu.
Wir wurden zum Abendessen eingeladen. Das waren Ausländer von Ehre, wie es im Gesetz stand, nicht so wie der Panzermann.
Das Gesetz sind ein paar einfache Regeln, die jeder Rashemi lernt. Zwei davon sind:
- Töte oder verletze niemals einen anderen Rashemi oder einen Ausländer von Ehre. Hebe dir deinen Zorn für die wahren Feinde auf.
- Bestehle niemals einen anderen Rashemi oder einen Ausländer von Ehre, denn du wirst selber ehrlos.

Wer uns und unser Land verstehen will, muss unsere Geschichte kennen. Einst waren hier zwei große Reiche, Raumathar und Narfell. Rashemen versuchte schon damals, sich gegen die Vereinnahmung eines der beiden Reiche zu wehren. Beide gingen vor vielen vielen Jahrhunderten unter. Uns gibt es immer noch.
Dann kamen die Nordland-Barbaren. Uns gibt es immer noch.
Dann kamen die Roten Zauberer von Thay. Sie kamen mehrmals. Uns gibt es immer noch.
Es ist das Land, das uns schützt und wir schützen das Land.
Es ist die Tradition, die uns schützt und wir befolgen die Tradition.
Es sind die wychlaran und die fyrra, die uns und das Land schützen. Wir kämpfen an ihrer Seite.
Es sind die Geister, die in Frieden leben wollen und wir helfen den Geistern und die Geister helfen uns.
Wir sind Rashemi und wir sind frei.
Denkt daran:
Ein Wolf wird immer ein Wolf bleiben, auch wenn er auf dem Rücken liegt und sich den Bauch kraulen lässt. Traue nicht dem Wolf.
Ein Schaf wird immer ein Schaf bleiben, auch wenn es droht und stampft. Erwarte keine Hilfe von den Schafen.
Kämpfe nicht gegen deine Natur, denn du bist, was du bist. Mache das Beste daraus und diene dem Land. Sei Bauer oder Krieger, beides nützt Rashemen.

Sie hatten Bier und Fleisch und andere Sachen, die ich noch nie gegessen oder getrunken hatte. Ich war schon etwas angeschickert, als sie mir ihre Waren zeigten.
Es waren schöne Äxte, aber ich tat, als würde ich sie alle nicht so toll finden. Einem Schild hingegen konnte ich nicht widerstehen. Er war wundervoll, mit Eisen beschlagen und einem stabilen Band um den Rand herum. Nach unten lief er spitz zu und ich hatte eine gute Idee. Damit konnte man einem Mann prima in die empfindliche Stelle hauen. Den kaufte ich, denn ich fand, dass zwölf Goldmünzen dafür nicht zu viel waren. Artemis verdrehte die Augen, wurde aber sehr unruhig, als sie ihm ihre Pfeilspitzen zeigte. Darunter waren welche, mit denen man durch eine schwere Rüstung schießen konnte. Da konnte er auch nicht nein sagen und kaufte ein gutes Dutzend.
Dann zeigte mir Gloin eine weitere Axt. Die war der Wahnsinn. Sie blinkte im Feuerschein und war so glatt poliert, dass ich mich darin spiegeln konnte. Sie war wunderschön, rasiermesserscharf und robust. Der Zwerg hackte damit einen Stein durch, ohne dass eine Scharte entstand.
"Wahnsinn.", flüsterte ich. "Die kann ich nicht bezahlen."
"Vielleicht doch," meinte Gloin, "Bezahlung ist nicht immer Gold."
"Ich verrate Rashemen nicht." Meine Stimme klang so eisern, wie ich das meinte.
"Wer spricht denn hier von Verrat?", wunderte sich der Zwerg. "Habe ich was Falsches gesagt? Das, so kann ich dir versichern, ist nicht unsere Art. Wir kommen ja schließlich nicht aus Thay. Nein, wir würden gerne mit einer der ortsansässigen Hexen sprechen. Das ist alles. Wenn du also eine kennst, oder weißt, wo wir hin müssen, dann wäre der Handel perfekt."
Er sah mich an.
"Welche Art denn, eine hathran, eine durthan oder eine ethran?"
"Was, hier in Rashemen gibt es mehrere Arten?"
"Ja, und zusätzlich noch die Hags, die Annis und die bheurs.", warf Artemis ein.
"Oh, das wusste ich nicht. Dann mal anders formuliert: Die, die mit dem Eisenherren kooperieren."
"Kooperieren? Das ist witzig. Egal, also die hathran. Warum?"
"Wir haben ein Geschäft vorzuschlagen. Es geht dabei um Waffen, Schilde und Rüstungen. Aber eine Hexe zu finden ist fast unmöglich, wenn man kein Einheimischer ist und der Eisenherr ist kein Händler. Er redet nicht mit uns."
Das war mir klar, denn er hätte ja die Hexen vorher fragen müssen.
"Und dafür gibst du mir diese Axt?"
"Ja."
"Ich frag mal."
"Wie, du fragst mal? Ist das so einfach für die Leute hier? Warum hat das vorher keiner versucht? Wir fragen ja nicht zum ersten Mal."
"Nein, es ist nicht so einfach. Aber du hast Glück. Ich kenne zufälligerweise eine. Ich frag sie mal. Wenn sie will, ist es gut. Wenn sie nicht will, dann wirst du deine Axt leider behalten."

Wir gingen etwas abseits und befragten den Sendestein. Zuerst hörten wir Maunzen, dann Rascheln und dann eine Stimme.
"Nun, meine Kinder, was gibt's?"
"Wir sind hier in einem Zwergenlager. Die wollen mit einer hathran sprechen, um ihr ein Geschäft vorzuschlagen."
"Was sind denn das für Zwerge? Welche mit langen braunen oder roten Bärten, ganz in Kettenpanzer gehüllt oder so schlanke mit weißen Haaren?"
"Die erste Sorte."
"Gut, es sind Schildzwerge. Die wollen ein Geschäft mit uns?"
"Ja, sie wollen Waffen und Schilde an Rashemen verkaufen. Aber ich glaube, sie wollen kein Gold, sondern etwas anderes dafür."
"Weißt du, was?"
"Nein, ich habe nicht gefragt."
"Wahrscheinlich jhuild, schätze ich. Die Zwerge haben zwar keine berserkir, aber lieben starke Getränke. Und was bekommst du dafür, dass du mich fragst?"
"Eine berserkira-Axt. Die ist wunderschön."
Ich hörte leises Lachen.
"Das verstehe ich. Nun gut, ich komme morgen früh vorbei. Jetzt bin ich neugierig."
Damit war die Verbindung beendet.

Wir gingen zurück. Gloin sah uns erwartungsvoll entgegen.
"Sie kommt morgen früh.", sagte ich dem Zwerg.
"Das ist ja toll!", freute sich Gloin.
"Ob das für euch so toll ist, wird sich zeigen.", meinte Artemis. "Die Hexen sind nicht einfach."
"Das wissen wir", sagte Gloin und grinste, "wir haben die Siege eures kleinen Landes über die Nordlandbarbaren und über Thay genau verfolgt. Ihr gewinnt, obwohl ihr eigentlich nicht gewinnen könnt. Die maskierten Hexen hatten einen nicht unerheblichen Anteil daran. Wie auch immer das Gespräch ausgeht, du hast dir deine Axt verdient."
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

3 Hammer 1491 DR

Als die Zwerge wach wurden saß Torra bereits am Feuer und wärmte sich die Hände. Die Wachen wurden zusammengestaucht, aber sie hatten keine Schuld. Eine Hexe war immer dort, wo sie sein wollte. Gloin machte artig seinen Diener und begrüßte die 'Edle Dame'. Pummel, die ein wenig herumgeschnüffelt hatte, suchte sich dieweil eine warme Stelle am Feuer zum Dösen. Warum schleppte sie die Katze die ganze Zeit mit sich herum?
"Nun Herr Gloin, ihr wollt Rashemen ein Geschäft vorschlagen?"
"Ja, genau. Wir Schildzwerge reisen ab und an durch euer schönes Land und wir sehen, dass die Bewaffnung eurer Truppen, nun sagen wir es so, verbesserungswürdig ist. Ihr müsst euch gegen viele Gefahren wehren, zum Beispiel Thay. Wir würden es nicht schätzen, wenn Thay seinen Einflussbereich hierher ausdehnen würde, denn die Straßen hier sind so sicher wie fast nirgendwo sonst. Daher unser Angebot: Wir beliefern euch mit vernünftigen Waffen und Schilden und wenn gewünscht, auch mit Rüstungen. Dafür erhalten wir Zugangsrechte, Feuerwein, Erzeugnisse der Landwirtschaft und ein paar andere Kleinigkeiten."
"Das hört sich nach einem vernünftigen Vorschlag an.", schmunzelte Torra. "Ich werde euren Vorschlag dem Konzil von Urling übermitteln. Wenn das Konzil zustimmt, wird es an den Einzelheiten bestimmt noch etwas auszusetzen haben, zum Beispiel an den Zugangsrechten, aber das sind dann normale Verhandlungen, denke ich."
Gloin verbeugte sich erneut. "Das wäre schön, edle Dame. Ich bin mir sicher, dass wir zu einer Übereinkunft kommen werden."
"Wir müssen natürlich an die einheimische Wirtschaft denken. Was machen unsere Waffenschmiede, wenn es so viel neue und gute Waffen gibt? Wir können sie ja nicht hungern lassen."
"Ähm ja, das ist ein Argument. Ich denke, wir finden auch da eine Lösung."
"Ihr könntet Schulungen abhalten, um unsere Schmiede auszubilden."
"Ähm, also da bin ich mir nicht sicher, ob wir unsere Kenntnisse so einfach weitergeben wollen."
Ich lauschte mit offenem Mund. Das war ein lehrreiches Wortgefecht. Sie saß dort, die Hände im Schoß gefaltet und erzählte den Zwergen immer neue Dinge, sparsam mit Handbewegungen untermalt. Das war wahre Macht. Wir berserkir waren die Faust aus Eisen, wenn Worte nicht weiterhalfen und die Hexen waren das Gehirn, das alle steuerte. Den Traum von der Eisenherrin begrub ich wohl besser. Die wychlaran würden mich schneller über den Tisch ziehen, als ich 'Piep' sagen konnte.
Es ging noch eine Weile hin und her und dann stand Torra auf. Pummel räkelte sich, stand ebenfalls auf und stolzierte mit erhobenem Schwanz zu ihr hinüber. Eine Bewegung des Mantels und die beiden waren verschwunden.
Gloin wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Bei Dumathoins haarigen Eiern, das wird eine interessante Verhandlung."
"Ja", schmunzelte Artemis, "das war der einfache Teil. Du hast ja schon Zugeständnisse gemacht."
"Habe ich?"
"Oh ja, die Waffenschmiede zum Beispiel. Der Preis von jhuild. Und einiges andere, was ich gehört habe. Sie werden dich beim Wort nehmen."
Der Zwerg wirkte betroffen. "Ich dachte, das wäre nur ein Gespräch."
"Du redest für alle Zwerge, so wie eine hathran für alle hathran redet. Es gibt kein 'Gespräch' mit einer Hexe."
"Wie schafft ihr das eigentlich?", wollte der Zwerg wissen.
"Och", meinte ich, "das ist ganz einfach. Wir widersprechen den Hexen nicht. Das läuft ganz gut und erspart Probleme."
Gloin nickte. "Ich verstehe. Hier ist deine Axt. Wir haben heute mehr gelernt als in den letzten hundert Jahren."

Wir verabschiedeten uns von den Zwergen. Das waren mal nette Leute gewesen! Ich hatte eine neue Axt und einen neuen Schild. Das fühlte sich gut an. Reisen bildet und man lernte ganz neue Sachen kennen. So sollte ein dajemma sein.
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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