Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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Mercen
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Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

Rashemen, ein Land in den 'Vergessenen Reichen', regiert von einem Hexenkonzil, besiedelt von Geistern, bietet einige Möglichkeiten für ein episches Abenteuer.
Disclaimer: Der Spielhintergrund stammt aus dem Werk "Unapproachable East", von Richard Baker, Matt Forbeck und Sean K.Reynolds.

Die Helden

Es war einmal ein kleines Mädchen, das Soldat werden wollte, wie ihr Vater und ihr Großvater und wie viele andere ihrer Vorfahren. Der Vater lachte, als er das hörte und meinte, dass das wohl kein Beruf für Frauen sei. Das Mädchen wurde sehr wütend, als es das hörte, stampfte mit dem Fuß auf und erklärte dem Vater, dass sie trotzdem Soldat werden würde, egal was er dazu meinen würde.
Das Dorf, in dem sie lebte, hieß Rugens Höhle und war ein kleines Dorf am Rugen. Wie man sich vielleicht denken kann, hieß es so, weil in der Nähe eine geheimnisumwitterte große Höhle lag. Die Bewohner lebten von der Landwirtschaft und vom Fischfang. Den gefangenen Fisch trockneten sie und verkauften ihn als Stockfisch.
Sie schaute den Männern der fyrra beim Training zu und übte in ihrer Freizeit das Gleiche. Sie lernte die Hetzjagd, um ihre Ausdauer zu stärken (nicht, wie ihr meint, mit Hunden, nein, man rennt selber hinter dem Wild her). Sie prügelte sich mit den Jungs, wenn sie vermeintliches Unrecht sah oder sich beleidigt fühlte, was häufig geschah. Sie wurde größer und stärker und viele Leute bekamen Angst vor ihr.
Die Leute begannen zu tuscheln. Wenn irgendjemand blutete oder ihm ein Zahn fehlte: Krissa war es. Dann ging es zum Vater: Obonar, du musst deine Tochter in den Griff bekommen. Der Vater nickte und seufzte.

Dann schickte der Eisenherr einen neuen fyrra. Bolg Sturmläufer war ein Veteran aus vielen Scharmützeln. Er sah sich die örtliche Miliz an und er war unzufrieden. Dann hörte er von Krissa und ließ sie kommen. Er sah sie sich an und er war sehr zufrieden. Er ging zum Vater und sagte ihm, dass er Krissa in der Miliz sehen möchte. Sie wäre ein berserkir, wie nicht wenige Rashemi, und sie braucht Training in den Waffen und vor allem anderen braucht sie Training in Selbstdisziplin.
Man widerspricht dem fyrra nicht, vor allem, wenn die wychla, die Dorfhexe, daneben steht und nickt. Endlich kam Krissa zur Miliz. Endlich war sie zufrieden.
Krissa war groß für eine Rashemi, bestimmt über 170 Zentimeter, mit breiten Schultern und kräftigen Armen. Auf ihrem Bauch konnte man Holz spalten. Ihre Ohren und ihre Augen verrieten, dass eine ihrer Urgroßmütter Bekanntschaft mit einem fey gemacht hatte. Sie hatte zwei Freunde. Missversteht mich nicht, viele Jugendliche grüßten sie und redeten nett mit Krissa, aber nur, weil sie nicht verhauen werden wollten. Krissa glaubte daher, dass sie viele Freunde hätte. Aber nur zwei mochten sie als Krissa.
Der eine war Luker, ein schmächtiger schüchterner Junge, der sich an sie gehängt hatte, nachdem sie ihn aus einer prügelnden Kinderbande heraus gehauen hatte. An dem Tag waren viele Eltern beim Vater gewesen. Luker malte gerne, spielte gut Flöte und war ein Tagträumer. Allerdings konnte er mit den Tieren reden und andere Natursachen anstellen.
Der andere war Artemis. Er war vor vielen vielen Jahren als Findelkind in das Dorf gekommen und die Familie Rudde hatte sich seiner angenommen. Jetzt war er leidlich erwachsen und hatte einige Generationen von Ruddern geboren und sterben sehen, aber er hielt dem Haus die Treue. Artemis war nämlich ein fey. Die wychlaran sagten, er wäre wohl einer von den Waldelfen aus dem Aschenwald. Sie fragten bei den Elfen nach, aber es wurde kein Kind vermisst und so blieb er im Dorf. Er ging häufig mit Krissa in die Wälder zum Jagen, allerdings nahm er dafür lieber den weniger anstrengenden Bogen.
Dann kam die Zeit, wo die Jugendlichen ihre Jugend abschütteln und zu den Erwachsenen gezählt werden wollen. Dazu gehörte ein Ritual, das dajemma. Man verließ sein Zuhause und zog ein wenig durch die Welt, um neue Dinge zu lernen, die Rashemen helfen konnten. Heutzutage war es meistens eine Nacht im Wald oder in einer Höhle, wo man aß, trank und sich Geschichten erzählte. Ja, die Zeiten änderten sich und die alten Sitten gerieten in Vergessenheit. Aber nicht bei allen. Die Hexen hatten ein wachsames Auge auf die Richtigen.
Zuletzt geändert von Mercen am 31 Okt 2021, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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Mercen
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

16 Nightal 1491 DR

Wir drei trafen uns im 'Silbernen Stockfisch', tranken scrump und besprachen mal wieder, was wir benötigen würden für die Nacht. Wir wollten in die Höhle. Jormanders Höhle war ein Muss für alle jungen Männer und Frauen. Im Winter war die Tat natürlich noch erwähnenswerter, weil die Höhle viel länger dunkel blieb und das gefrierende Eis in den Spalten für unheimliche Geräusche sorgte.
Die Rucksäcke bereits gepackt. Es war an der Zeit nach Haus zu gehen und zu schlafen. Die morgige Nacht würde anstrengend werden, daher verließen wir früh die Taverne.
Es war dunkel und kalt. Bald war die Langnacht, wenn das Winterdunkel an Kraft verlor und das Licht den Frühling vorsichtig ankündigte. Leichter Schneefall verschleierte die Sicht. Das trübe Licht der spärlichen Laternen an den Häusern ließ die Schatten noch dunkler werden.
Durch den Dunst kam eine Gestalt über den Marktplatz gewankt. Wir blieben stehen und Luker kniff die Augen zusammen.
"Ich glaube, das ist Kabbi. Aber irgendwas ist komisch mit ihm."
Kabbi blieb vor uns stehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, aber er sah uns nicht an. Sein Mund stand offen und sein Atem stand als kleines weißes Wölkchen in der Luft. Er roch schlecht, noch schlechter als an normalen Tagen. Er hatte sich eingenässt und Blut tropfte aus seiner Hose.
Er hielt uns etwas hin. In seiner ausgestreckten Hand lag ein silbernes Amulett mit einer zerrissenen silbernen Kette. Dann brach er zusammen. Das Amulett fiel in den Schnee. Aus seinem Rücken ragte ein Pfeil. Der war aus einem hellem, fast weißen Holz und mit zwei weißen Federn bestückt.
Luker bückte sich und hob das Amulett auf. Ich kniete mich hin und zog den Pfeil aus dem Rücken. Der Pfeil war kurz, wie für einen Kinderbogen gemacht und hatte eine Spitze aus schwarzem Glas. An Kabbis rechtem Hosenbein war frisches Blut zu sehen. Er hatte eine große Wunde am Oberschenkel. Diese sah aus wie ein Platzwunde.
"Scheiße." Ich richtete mich auf und brüllte: "Zu Hilfe ihr Leute, ein Verletzter!"
Luker ließ das Amulett blitzschnell in seiner Tasche verschwinden.
Die Türe der Gaststätte 'Zum Silbernen Stockfisch' ging auf und zwei Männer traten nach draußen. Es waren Shan und Bereb, zwei Fischer, die uns und die Leiche natürlich sahen. Sie riefen nach drinnen, dass ich neben einer Leiche stand, und damit strömten die anderen Gäste nach draußen.
"Krissa, was hast du denn jetzt wieder angestellt?"
"Verdammt, warum bin ich immer an allem schuld?!", schnauzte ich zurück.
"Nun …"
"Ruhe Leute." Die massige Gestalt des fyrra drängte sich durch die Menge. "Was ist hier los?"
"Krissa hat ..."
Artemis unterbrach den Mann. "Krissa hat nichts. Das war folgendermaßen …" und erzählte die letzten Minuten. Dann griff er dem überraschten Luker in die Hosentasche und zog das Amulett heraus.
Bolg nahm das Amulett und scheuchte einen der Männer mit der Anweisung davon, dass er die wychla holen möge.
Asami Dreibein kam kurze Zeit später, auf ihren Stock gestützt, über den Marktplatz gehumpelt. Das Klacken des Stockes klang unnatürlich laut in der plötzlich einsetzenden Stille.
"Nun, warum holt ihr eine alte Frau aus dem Bett?"
Bolg zeigte ihr das Amulett und wiederholte die Geschichte des Waldelfen.
Asami nickte, nahm das Amulett und breitete ihre andere Hand darüber aus. Grünliches Leuchten erschien und das Amulett begann zu strahlen.
"Ein fey-Amulett." Sie begutachtete den Pfeil. "Ein fey-Pfeil. Was hat Kabbi nur angestellt …"
Sie schaute uns an und gab Luker zielsicher das Amulett zurück. Der nahm es überrascht entgegen. Dann zeigte sie auf zwei Männer.
"Ihr bringt Kabbi in den Tempel der Drei und wascht ihn für die Totenwache. Wir kümmern uns morgen um den Rest."
"Morgen?" Bolg wirkte verblüfft.
"Ja, morgen. Und ihr, gute Leute, geht jetzt wieder rein oder nach Hause."
Die wychla hatte gesprochen und so geschah es auch. Der Marktplatz leerte sich. Wir drei gingen ebenfalls und fingen an, zu tuscheln.
"Morgen? Warum nicht jetzt?", wollte Artemis wissen. "Morgen sind die Spuren nicht mehr zu sehen. Das muss er doch wissen."
"Da hast du recht.", erwiderte ich. "Lass es uns heute machen. Eure Rucksäcke sind auch gepackt, oder?"
Meine Freunde nickten.
"Prima, dann los."

Der fyrra und die wychla sahen den dreien nach, als sie davon gingen.
"Man sollte jetzt einen Trupp losschicken, bevor die Spuren verschneit sind.", meinte Bolg.
"Da ist dein Trupp.", sagte Asami und nickte zu den Dreien hinüber.
"Meinst du? Es sind doch noch Kinder."
"Sie sind fast erwachsen. Eine berserkira, ein Druide und ein fey-Waldläufer? Hast du bessere Leute?"
"Ein Druide? Das wusste ich nicht." Der fyrra begann zu lächeln. "Du hast natürlich recht, wie immer. Bist du sicher, dass sie sich direkt auf den Weg machen?"
"Recht wie immer?" Die Hexe lachte. "Das wäre schön. Und ja, ich bin mir sicher. Ich habe das Funkeln in ihren Augen gesehen. Sie halten uns für Deppen."
"Warum hast du ihnen das Amulett gelassen? Es war magisch, ich habe das Leuchten gesehen."
"Ich habe so ein Gefühl, dass sie es vielleicht brauchen können. Das Amulett ist der Grund, warum Kabbi tot ist."
Bolg nickte nachdenklich. "Mag sein. Dann warten wir bis morgen. Wenn sie das dajemma jetzt machen, sollten sie erst zum Morgengrauen zurück sein."
"Das wäre schön.", seufzte Asami. "Dann können wir ausschlafen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht passieren wird."

Der Weg zur Höhle war nicht weit. Wir hatten unsere Rucksäcke geholt und unseren Eltern erklärt, dass das dajemma leider heute stattfinden müsse.
Artemis und ich betrachteten die Spuren im Schnee, die langsam unter dem Neuschnee verschwanden. Ein Fuchs hatte angefangen zu graben, vom Geruch des Blutes angezogen und war davon gehuscht, als er uns bemerkte.
"Überall große Blutflecke. Wie er es zum Dorf geschafft hat, ist mir schleierhaft."
Ich nickte. "Ja. Mit den Verletzungen hätte er liegen bleiben müssen."
Vor der Höhle waren mehr Spuren. Jemand, der nicht besonders groß war, hatte im Schnee gelegen. Jemand anderes, wahrscheinlich Kabbi den Stiefeln nach, hatte diesen Jemand zum Ufer gezogen und in den Fluss geworfen. Der Jemand war aus der Höhle gekommen. Auch seine Spur war mit Blutflecken gesprenkelt. Er war also ebenfalls verwundet gewesen. Kabbi war aber nicht in der Höhle gewesen. Die Verletzung des Jemand war von irgendetwas anderem verursacht worden.
"Das wird ja spannend.", freute ich mich. "Ein perfektes dajemma."
Luker wirkte nicht so glücklich. "Es könnte noch etwas da drin sein. Sollten wir nicht Verstärkung holen, Krissa?"
"Blödsinn", meinte ich, "du hast doch mich dabei."
"Ja, schon …"
"Komm schon, ich hab dich immer beschützt. Hier passiert dir nichts."

Der Eingang war groß und geräumig und verengte sich dann zu einem Gang, der sich in Berg hineinkrümmte. Nach etwa zehn Metern wurde der Gang von einem Vorhang abgetrennt. Das wussten fast alle Kinder, denn die meisten waren schon einmal hier. Der Fluss fließt hier ruhig und man kann schwimmen und ein Picknick machen.
Weiteres wussten wir nicht, denn die anderen, die das dajemma hier durchgeführt hatten, hatten darüber Stillschweigen bewahrt.
Es war still im Gang, nur unterbrochen durch das knisternde Geräusch gefrierenden Wassers in den unzähligen Ritzen und Spalten und ab und an das Platschen eines Wassertropfens auf den Boden.
"Das ist unheimlich.", flüsterte Luker. Ich schob vorsichtig den Vorhang beiseite und leuchtete mit meiner Laterne in die Gänge dahinter. Es war eine T-Kreuzung und von rechts hörte man das Fiepen von Nagetieren. Nach links führten die Blutspuren tiefer in den Berg hinein.
"Ratten?" Luker wirkte auf einmal erfreut. "Lass uns erst nach rechts gehen. Ich versuche mal, mit ihnen zu reden. Vielleicht wissen sie, was hier geschehen ist."
Luker ging nach rechts. Artemis und ich blieben auf der Kreuzung stehen, um die Tiere nicht zu verschrecken. Nach kurzer Zeit hört man ein Fiepen, dass ein wenig wie Fragen und Antworten klang. Dann kam Luker zurück.
"Sie haben nichts gesehen, aber etwas gehört. Es klang wie das Knistern von brechendem Eis, sagten sie. Dann hörten sie Schritte. Irgendetwas ist in der anderen Höhle geschehen."
"Welche andere Höhle?"
"Die am Ende dieses Ganges." Er deutete in die Richtung.
"Gut, dann gehe ich mal vor." Ich machte sich auf den Weg, gefolgt von Artemis.
In der Höhle war ein Lebewesen und es war schlecht gelaunt. Die Spinne war purpurfarben, sehr groß, mit einem roten Zackenmuster auf dem Abdomen und sie war verwundet. Dunkles Blut tropft aus einem breiten Riss in ihrem Hinterleib. Auf dem Boden lag ein beflecktes bronzenes Kurzschwert. Trotz ihrer Verletzung richtete sie sich auf und drohte mit ihren Mandibeln.
"Starkfaust für immer!", schrie ich, auf meine Vorfahren anspielend und wurde puterrot im Gesicht. Dann rannte ich mit erhobener Axt los.
Aus dem Maul der Spinne sprühte ein feiner Nebel und bildete in Bruchteilen von Sekunden klebrige Stränge. Artemis und ich konnten gerade noch ausweichen, aber der arme Luker wurde an die Wand geklebt. Meine Axt krachte in den Schädel des Monsters. Die Spinne biss zurück, glitt aber an meinem Schild ab. Dann ertönte das leise Twang eines Langbogens und die Spinne brach zusammen. Zwischen den zwei großen ihrer acht Augen steckte zitternd ein Pfeil.
Ich atmete mehrmals tief ein und aus und der Rausch verebbte. Es war toll, wenn das Blut im Kopf pochte und der Körper eins war mit Schild und Stahl. Man fühlte sich richtig lebendig. Den Willen zum Töten musste man aber im Zaum halten können. Das hatte mir Bolg in vielen Stunden beigebracht. Wenn man nämlich sein Kräfte nicht beherrschen kann, dann wird ein Ritual durchgeführt. Man nennt es nydeshka, was 'Stumpfes Schwert' bedeutet. Ein solches bekam man in die Hand gedrückt und bei der nächsten Schlacht stand man in der ersten Reihe.
Artemis schüttelte sich.
"Igitt."
"Hilfe!", ertönte es von der Gangwand. "Ich komme nicht los."
Das klebrige Zeug ließ sich nur mit Feuer lösen, wie wir feststellten, also brannten wir Luker vorsichtig aus seinem Kokon heraus.
Dann untersuchten wir die Höhle. Die Spurenlage war einfach, beide Wesen waren aus der Wand gekommen. Aus einer beschissenen 100 Meter dicken Kalksteinwand.
Das Schwert war etwa 70 cm lang und aus Bronze. Die Klinge war mit dem purpurnen Blut der Spinne besudelt. Es könnte hier heraus gefallen sein oder sie hatte es abgestreift, denn die Spuren an der Wand sahen nach Schleifspuren aus.
Luker wollte ein Andenken und begann, in der Spinne herumzupuhlen. Nach einiger Zeit hatte er eine Spinndrüse in der Hand. Artemis nahm sich einen Mandibel. Ich verstehe einfach nicht, warum man Teile seiner Feinde mit sich herum schleppen muss. Ich hätte mittlerweile eine erkleckliche Anzahl an Zähnen beieinander und wäre die Zahnfee.
Luker suchte seine Flöte heraus und spielte eine Melodie. Danach untersuchte er die Wand.
"Nichts magisch hier …"
Er kam auf die Idee, sich auch die Rattenhöhle anzusehen und dort fand er unter dem Kalksinter tatsächlich etwas Magisches. Es war eine Glasflasche mit einer Flüssigkeit, die vielleicht ein Heiltrank sein könnte, so wie sie roch.
Der Gang führte aus der Spinnenhöhle weiter in eine größere Höhle. In der Mitte stand ein rundlicher Block, mit Graffiti verziert. Dutzende Jungs und Mädchen hatten hier ihre Namen verewigt. Eine Feuerstelle war angelegt worden und der Boden war eingeebnet, um Platz für die Schlafsäcke zu haben.
Wir rollten unsere Decken aus. Ich hatte eine Flasche Branntwein stibitzt und die ließen wir uns jetzt schmecken, zusammen mit Käse und Hartwurst. Dann ritzten wir unsere Namen in den Block. Luker hatte die Idee, einmal Spinnenbein zu probieren. Er meinte, das würde vielleicht wie Krabbe schmecken. Also schnitt er ein Bein ab und röstete es auf dem Feuer. Die langen weißlich Fasern sahen nicht besonders appetitlich aus, aber immerhin Artemis ließ sich überreden etwas zu probieren.
"Uah.", gähnte ich, "ich bin müde. Wie sieht es mit euch aus?"
"Ich mache hier kein Auge zu.", sagte Luker.
"Ich auch nicht.", sagte Artemis. "Aber ich brauche eh nicht viel Schlaf."
Mitten in der Nacht hörten wir plötzlich Geräusche, etwa von der Stelle, wo die Spinne entstanden war. Erst knistert es, so als würde ein Feuer brennen, dann hörte man Schritte und Atmen und dann verebbt das Knistern. Wir huschten vorsichtig so nahe heran, wie es möglich war.

Das Wesen sah komisch aus. Es war etwa anderthalb Meter groß, hatte spitze Ohren und eine graue Haut. Gekleidet war es in einer Art Lederweste mit ebensolchen Hosen, hatte zwei Dolche dabei und eine Handarmbrust. Das merkwürdigste waren seine Augen. Die leuchteten orangerot wie von dahinter brennenden Flammen. Wir hörten es murmeln. Es sprach Elfisch.
"Hm hm, wo mag er sein?"
"Hm hm, er war hier. Die Weberin muss ihn erwischt haben. Aber sie war verletzt. Wo kommt der Pfeil her, es ist kein Eladrinpfeil."
Schnüffel, murmel.
"Hm hm, das waren mehrere. Menschen? Haben sie ihn gefunden? Und wo sind die kleinen, die kleinen Traumwirker, ja?"
Dann verließ er die Höhle und folgt der Blutspur.
"Was jetzt? Verfolgen wir ihn?"
"Och nö, wir machen jetzt das dajemma zu Ende. Morgen früh reicht."
"Du hörst dich an wie Bolg."
"Ich bin halt müde."
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Mercen
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

17 Nightal 1491 DR

Früh am Morgen brachen wir auf. Nach einer kurzen Wegstrecke sahen wir eine kleine Gestalt am Boden liegen. Sie war mit Schnee gepudert und es sah aus, als wäre sie aus dem Fluss gezogen worden. Eis glitzerte in den gefrorenen Haaren. Ein Krähe flatterte davon. Die ehemals prächtige Kleidung war zerrissen. Das Wesen war gründlich durchsucht worden. Es hatte spitze Ohren, rötliche Haare und sah wie ein kleiner Elf aus. Luker murmelte etwas und zeigte auf das Wesen. Ich sah ihn fragend an.
"Ein Heilzauber, vielleicht lebt es noch."
Tatsächlich, ein Zucken ging durch das Geschöpf und es richtete sich auf. Das war nicht das Einzige, was sich aufrichtete, denn mir standen plötzlich die Haare zu Berge. So ohne jeden Übergang und ohne sich abzustützen konnte man sich nicht aufrichten! Ich zog die Axt und das Blut begann zu pochen. Das Ding öffnete den Mund, aber kein Laut war zu hören und keine Atemwolke war zu sehen. Es streckte die Hände aus und kam auf mich zu.
Ich fackelte nicht lange und schlug ihm den Schädel ein. Darin bewegte sich etwas und kam heraus gekrabbelt. Es war eine kleine Spinne, die exakt so aussah wie ihr großes Pendant in der Höhle. Luker warf eine kleine Flammenkugel, erwischte sie aber nicht richtig. Sie erreichte mein Hosenbein und begann, nach oben zu klettern. Dabei schnitt sie mir die Hose auf. Reflexartig klatschte ich mit der flachen Hand drauf und die Spinne fiel zu Boden und zog ihre Beine an.
"Scheiße, was ist das?"
"Sieht mir nach etwas aus, was in Leuten wohnen möchte." Artemis wirkte etwas blass um die Nase.
Luker wurde nachdenklich. "Sagt mal, Kabbi hatte eine Wunde am Oberschenkel. Könnte es sein …?"
"Oh oh, du könntest recht haben. Beeilen wir uns besser." Ich wickelte die Spinne in ein Tuch und steckte sie ein.
"Den Elfen nehmen wir auch mit. Vielleicht weiß Asami was damit anzufangen." Ich warf mir den Leichnam über die Schulter.
Artemis wurde noch blasser. "Wir haben von der großen Spinne gegessen."
Luker grinste. "Ich glaube nicht, dass das schädlich war. Die war gut durch."

Wir erreichten im Laufschritt das Dorf. Für diese frühe Uhrzeit im Winter waren sehr viele Leute unterwegs. Vor dem Tempel rauchte eine Gestalt auf dem Boden vor sich hin. Die verkohlten Überreste sahen noch ein wenig nach Kabbi aus. Der Tote hatte sich wohl am frühen Morgen selbstständig gemacht, tuschelten die Leute, und die Frauen, die die Totenwache hielten, angegriffen. Erfreulicherweise taten sie das einzig Sinnvolle und rannten schreiend weg. Asami war wohl schnell zur Stelle gewesen und hatte den wandelnden Leichnam geröstet.
Die Hexe rieb sich die Hände und diskutierte mit Bolg. Beide sahen erleichtert aus, als wir auf den Platz stürmten.
Wir legten den Elfen auf den Boden und erzählten unsere Geschichte. Asami sah sich den kleinen Körper genau an und wurde nachdenklich.
"Der Kleine hier ist ein wahrscheinlich ein Eladrin, der Herbst, würde ich der Farbe seiner Kleidung nach denken. Wahrscheinlich auch noch ein Adeliger der prächtigen Kleidung nach. Und die Beschreibung des grauen Kerls lässt auf einen Dunkeling schließen. Hm … wahrscheinlich ist er hier irgendwo."
Sie wandte sich an Bolg. "Sag den Leuten, sie sollen die Augen offen halten. Jetzt dürfte er sich versteckt halten, weil es für ihn zu hell ist."

Wir verabredeten uns zum Abend in der Taverne und gingen nach Hause, um erst einmal auszuschlafen. Dann machte ich mich nach einem Happen ausgehfertig und marschierte los.
Plötzlich hörte ich die Schreie von Luker und rannte los. Als ich um die Ecke bog, sah ich den Dunkeling.
Artemis hatte die Schreie wohl auch gehört, war losgelaufen und hatte das Wesen einfach umgerannt. Es kam gerade wieder auf die Füße und zog seine Dolche. Ich lief hin und mein Schild traf es mit voller Wucht. Es verlor das Gleichgewicht und stürzte wieder hin. Dann schlug ich ihm die Axt über den Schädel. Es versuchte sich erneut aufzurichten und jetzt kam Artemis. Seine zwei krummen Schwerter bohrten sich in das Wesen. Mit einem heiseren Röcheln fiel es wieder um und blieb liegen. Ich nahm ihm die Dolche ab und setzte mich drauf.
"Schnell, hol ein Seil oder irgendwas."
Artemis rannte los. Mittlerweile war auch Luker aufgetaucht und half mit, das Wesen zu Boden zu drücken. Allerdings zog er dem Wesen erst den Gürtel mit den Taschen daran aus und stopfte ihn unter seinen Mantel. Dann heilte er es, denn wir wollten noch Informationen.
Artemis kam zurück und brachte nicht nur ein Seil, sondern auch noch Bolg mit. Der nickte uns anerkennend zu und meinte: "Gute Arbeit, wirklich gute Arbeit. Dann schaffen wir ihn mal in den Tempel, um ihn zu befragen."
Wir suchten uns danach eine ruhige Stelle, um nachzusehen, was der Dunkeling so bei sich hatte. Das war richtig viel. So viel Geld hatte ich mein Leben lang noch nie auf einem Haufen gesehen. Es waren 23 goldene Münzen mit elfischen Inschriften, 14 Silbermünzen und ein grünlicher Edelstein. Dazu noch eine wunderschöne kleine Armbrust mit 14 dazu passenden versilberten Bolzen, zwei versilberte Bronzedolche und ein Heiltrank. Das teilten wir auf.
Als wir über den Marktplatz zur Taverne gingen, wurden wir von Asami gerufen, die gerade aus dem Tempel kam. Sie winkte uns zu sich.
"Wollt ihr wissen, was er gesagt hat?"
Wir nickten.
"Er suchte Mandavar, einen Prinzen des Herbstes, um ihm das Amulett abzunehmen. Er weiß nicht, von wem er den Auftrag bekommen hatte, aber die Stelle, wo er es hinbringen soll."
Sie zog eine kleine Karte aus den Tiefen ihres Umhangs.
"Das hier ist der Kreis der Sieben, da bin ich mir sicher. Das komische Haus hier mit dem Totenschädel ist das Haus der Moorigen Marscha, einer Freundin von mir. Ihr wollt doch bestimmt ein ordentliches dajemma machen, nicht so einen Kinderkram wie gestern, oder?"
Wir nickten erneut. Was hätten wir auch sonst machen sollen? Sie war die wychla des Dorfes. Ihr Wort war Gesetz.
"Fein, das freut mich. Ansonsten hatte er ja wenig bei sich. Das liegt wohl noch in einem Versteck, vermute ich."
Sie zwinkerte uns zu und grinste von einem Ohr zum anderen.
"Zieht los, meine Kinder, ich baue auf euch. Wenn ihr Probleme im Aschenwald bekommt, wendet euch an Marscha mit einem schönen Gruß von mir."
"Moorige Marscha," sagte Luker, als wir wieder unter uns waren, "die Dame gefällt mir jetzt schon."

Level Up, Fortsetzung folgt …
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

18 Nightal 1491 DR

Fünf Tage waren es bis zum Aschenwald und fünf Tage wieder zurück. So weit weg war ich noch nie von zu Hause gewesen. Was würden wir für die Reise benötigen? Essen, das war klar. Wasser gab es unterwegs zu Genüge und man konnte jagen. Schlafsäcke gegen die Kälte und Ersatzkleidung, wenn man nass werden sollte. Das war aufregend!
Am nächsten Morgen waren wir abmarschbereit. Die Karte war krude, aber eigentlich einfach. Asami erklärte uns, wie wir den Steinkreis finden konnten und das Marscha drei Stunden östlich am Waldrand ihre Hütte hatte. Dann wünschte sie uns viel Glück und eine lehrreiche Reise.
Wir marschierten los. Die Luft war klar, es war kalt und die Sonne schien. Links und rechts des Weges zogen sich die lichten Wälder hin, die zu dieser Jahreszeit natürlich kahl waren. Ab und an sah man Wildspuren. Ein perfekter Tag ohne die langweilige Arbeit auf dem Hof. Im Winter war zwar weniger zu tun, aber die Hühner waren zu füttern und die störrischen Ziegen zu melken. Ein paar Gewissensbisse hatte ich schon, aber Papa schaffte das auch alleine. Mit guten Freunden unterwegs zu sein war einfach schön.
Luker spielte zwischendurch auf seiner Flöte und Artemis hielt Ausschau. Er hatte die besten Augen von uns allen. Das lag wohl an seinem fey-Blut.
Wir folgten dem alten Karrenweg, der die umliegenden weit verstreuten Gehöfte miteinander verband. Asami hatte uns erklärt, dass spätestens am Fluss Aschan damit Schluss sei. Das Land nördlich davon bis zur Straße von Immilmar war für die fey. Es gehörte zu Rashemen, aber der Eisenherr ließ sie in Ruhe. Siedlungen waren zwar nicht verboten, aber es gab keinen fyrra für die Siedler und damit auch keinen Schutz. Dafür halfen die Bewohner, wenn wieder jemand Rashemen als leichte Beute ansah. Das hatte mir Bolg erzählt. Eine Armee aus berserkir, Gestaltwandlern und elfischen Bogenschützen zur Unterstützung der fyrra hatten schon manches Mal in der Vergangenheit die Roten Zauberer im Zaum gehalten.
Und dann waren da noch die Geister. Wir wussten alle, das in vielen Häusern Hausgeister wohnten und wir sorgten dafür, dass es ihnen gut ging. Bolg erzählte auch, dass er mal Fremde getroffen hätte, die nicht an Geister glaubten, weil es die in ihren Ländern nicht gab. Das war lustig, als ihnen ein domovoj das Bier über die Hose gekippt hatte.
Bolg meinte, dass in Krisenzeiten die Geister der Krieger aus vergangenen Schlachten zum Schutz kämen. Das hätte er gehört. Die wychlaran konnten sie rufen, hieß es. Ich glaubte das auch, denn das Land war immer Schauplatz für Kriege gewesen. Wo sollte ein fyrra-Geist denn auch hingehen? Er blieb an sein Land und seinen Schwur gebunden.

Am Nachmittag sahen wir einen Planwagen, der neben der Spur stand. Das ist ein vierrädriger Wagen mit einem Aufbau, der von einer Plane überzogen ist. Händler benutzten diese Wagen, um ihre Waren von Dorf zu Dorf zu bringen. Dieser hier stand vielleicht eine Woche hier, wenn man die Dicke der Schneekruste als Maßstab nahm. Warum er hier stand, war leicht zu sehen, denn ein Rad war gebrochen. Vom Besitzer oder seinem Zugtier war weit und breit nichts zu sehen.
Auf dem Wagen war ein Wasserfass, vier in Stroh verpackte Weinflaschen, 2 Teppiche, Töpfe, Pfannen und Reparaturmaterial für diese, ein Schleifrad, Heu und alte Karotten. Der Besitzer hatte wohl eine Panne gehabt und war mit seinem Pferd losgeritten, um Hilfe zu suchen. So sah es aus.
Artemis war sich da nicht so sicher. Interessanterweise waren nämlich drei Radspeichen ebenfalls an Bord. Der Besitzer hätte es also reparieren können. Und noch etwas war seltsam. Das Wasser in dem Fass war nicht gefroren. Ebenso die Karotten.
"Das verstehe ich nicht.", sagte Artemis. "Das müsste Eis sein."
Ich pflichtete ihm im Stillen bei. Wir übersahen hier etwas und ich hatte das Gefühl, wir müssten es eigentlich wissen.
"Warum ist er nicht zurück gekommen? Der nächste Hof ist vielleicht eine Stunde entfernt, wenn es hochkommt."
Luker holte dieweil eine der Weinflaschen aus dem gepolsterten Korb.
"Uih, das jhuild."
Ich bekam große Augen. jhuild ist der berühmte und sehr seltene Feuerwein. Er wurde auch Berserkerwein genannt. Bolg hatte mir erzählt, dass ein berserkir, der diesen Wein getrunken hatte, nicht zu töten war. Er bemerkte es einfach nicht. Natürlich fiel er am Ende tot um, wenn die Wirkung nachließ, aber bis dahin hatte er eine halbe Armee ausgelöscht.
Feuerwein ist selten und teuer. In Rashemen kostete er gute zwanzig Goldmünzen pro Flasche und außerhalb war er nahezu unbezahlbar. Die Hexen hielten immer einen Vorrat bereit, falls das Land in Not war.
Jeder von uns wollte mal probieren. Die meisten Rashemi bekamen nie die Gelegenheit ihr berühmtes und berüchtigtes Nationalgetränk zu verkosten.
Bei den beiden hatte es den erwarteten Effekt: Es wurde ihnen warm und sie fühlten sich stark. Das war auch alles. Ich nahm meinen Schluck. Der Wein rann meine Kehle herunter und mir wurde warm. Ich hatte das Gefühl, das meine Muskeln wuchsen und die Welt wurde kleiner und enger. Waren das Feinde vor mir? Ich fixierte meine Gefährten, die etwas zurückwichen. Mein verbliebener Restverstand sagte mir, dass es Verbündete waren. Dann ließ die Wirkung auch schon nach und ich fühlte mich plötzlich müde.
"Huch," sagte Artemis, "wenn du das das nächste Mal trinkst, dann bitte, wenn wir angegriffen werden."
Luker nickte. "Furchterregend. Für einen Moment dachte ich, du fällst über uns her."
Das war berauschend, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hatte mich für einen Moment unbesiegbar gefühlt.
Wir verteilten den Wein, ich bekam zwei Flaschen und die Jungs jeder eine. Luker kam jetzt auf die Idee, einmal nach magischen Sachen zu suchen. Er wurde fündig, aber anders, als er erwartet hatte. Jeder von uns dreien hatte eine leichte Beschwörungsaura um sich herum. Das galt ebenfalls für das Wasser und die Möhren.
Luker fand das seltsam, hatte aber keine Idee, was das bedeuten solle. Dann sagte er, dass er etwas ausprobieren wolle. Er verwandelte sich in einen Bären. Das hätte er besser genauer angekündigt, denn beinahe hätte er meine Axt im Schädel gehabt.
Luker schnüffelte um den Wagen herum, fand aber nichts außer einem alten Paar Schuhe unter dem Kutschbock und gefrorenen Pferdeäpfeln an der Deichsel. Dann rannte er zum Wald und probierte aus, wie schnell so ein Bär sein konnte. Mit dem Bärensein kam wohl auch der Bärenappetit, denn er entdeckte einen gammeligen toten Dachs und schlang ihn hinunter.
Wir beschlossen, in dem Karren zu übernachten. Da war es wenigstens windstill und nicht ganz so kalt.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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19 Nightal 1491 DR

Artemis bemerkte eine größere Öffnung in einem alten Baum. Am Rand der Aushöhlung hing eine Kette, eine, wie man sie für Schmuckanhänger braucht. Das war seltsam. Hatte ein Vogel die irgendwo gestohlen und hier war sein Nest? Rabenvögel sollen ja so etwas manchmal tun.
Luker suchte nach Magischem und wurde im Baum fündig. Nur, wie kamen wir da dran?
"Wie lange brauchst du, um den Baum zu fällen?", fragte Luker.
"Mit 'ner ordentlichen Säge zwei Stunden."
"Und mit deiner Axt?"
"Die Axt hier ist nicht zum Bäume fällen geeignet, der Kopf ist zu flach."
"Es gibt unterschiedliche Äxte?"
Ich seufzte.
"Ja, natürlich, kommt auf den Verwendungszweck an. Mit 'nem breiten Kopf bleibt sie in den Rippen oder in der Rüstung stecken und tötet nicht."
Luker schüttelte sich.
In Ermangelung einer besseren Idee beschlossen wir, dass jemand hinaufklettern und nachsehen sollte. Einen Kletterhaken oder so etwas hatten wir natürlich nicht dabei.
Artemis hatte die gute Idee, sein Kurzschwert an das Seil zu binden und es in die Höhle zu werfen. Nach dem dritten Versuch hing es fest und ich konnte hochklettern.
Ich war die natürliche Wahl, weil ich mich am besten wehren konnte. Ich erreichte die Höhlung auch ohne Probleme und beugte mich über den Rand. Und dann geschah etwas Gruseliges. Auf dem Stamm saß plötzlich eine große weiße Spinne mit blauen Beinen. Sie war von einem Moment auf den anderen da. Sie stupste mich und ich fiel überrascht in den Baum. Dann hörten die beiden draußen ein Knacken, als wäre etwas zerbrochen. Die Spinne verschwand von einem Augenblick auf den anderen.
"Scheiße.", fluchte ich.
Am Boden lagen zwei verrottete Körper, auf denen ich gelandet war. Beide waren seltsam hohl, nur noch Haut und Knochen waren übrig. Einer trug eine schwere Kettenpanzerung, der andere ein Lederrüstung. Zwei Beutelchen mit Münzen sowie ein Langschwert und ein Rucksack waren zu finden. Ich warf das Zeug nach draußen. Jetzt kam das Problem. Wie kam ich hier wieder raus?

"Die Drecksspinne kann sich unsichtbar machen. Wie bekommen wir Krissa jetzt da raus? Ich bin mir sicher, die lauert an ihrem Loch und wenn man klettert, kann man nicht kämpfen."
"Denke ich auch. Was machen wir jetzt? Wenn einer von uns hochklettert, schubst ihn die Spinne."
"Und sobald Krissa die Öffnung erreicht hat, um rauszuklettern, erscheint die Spinne mit Sicherheit wieder."
"Hallo?" tönte es dumpf aus dem Baum. "Kümmert ihr euch mal langsam?"
"Ja, sofort," rief Luker, "wir feilen noch an den Einzelheiten."
Er überlegte.
"Wir müssen sie locken. Wenn Krissa an der Öffnung erscheint, müssen wir bereit sein."
Artemis rief: "Krissa, kannst du die Öffnung erreichen?"
Ich rief zurück: "Ja, wahrscheinlich."
"Dann zieh dich raus, so schnell es geht. Wir stehen hier mit Bogen und Zauberei und versuchen, sie dir vom Leib zu halten."
Das tat ich dann auch. Ich sprang, bekam den Rand zu fassen und zog mich nach oben. Ich hing gerade halb aus der Öffnung, als die Spinne erschien. Sie tauchte unter mir auf und ich blickte ihr direkt in die Augen. Sie hatte ziemlich viele davon. Geifer troff von ihren Kieferzangen.
Ich zögerte nicht und ließ mich einfach fallen. Gleichzeit hörte ich das Twang des Bogens und eine kleine Feuerkugel flammte vor mir auf. Während des Falls spürte ich einen Biss und dann prallte ich auch schon auf dem Boden auf. Luker und Artemis zogen mich aus dem Gefahrenbereich.
"Aua."
Luker zog einen kleinen Malpinsel aus seiner Tasche und malte ein Symbol in die Luft. Kurz darauf ging es mir besser.
"Danke. Dann wollen wir doch mal sehen, was ich da raus geworfen habe."
Reisen macht reich. Es waren recht viele Münzen in den Beuteln. Damit konnten wir bestimmt einen Monat lang im 'Silbernen Stockfisch' essen und trinken. Das Langschwert war bestimmt auch etwas wert. Für Rashemi war das eine unübliche Waffe, aber es gab ein paar Leute, die damit kämpfen konnten.
Der magische Gegenstand war ein Trank und der sah komisch aus. Er war orange und gelb und wechselte dauernd seine Farben. Über der Flüssigkeit stand eine kleine Rauchwolke. Niemand von uns hatte eine Ahnung, was das war und keiner traute sich, ihn zu probieren. Also kam er in den Rucksack. Vielleicht konnte uns Marscha weiterhelfen.

Es begann, dunkel zu werden und wir überlegten, wo wir unser Lager aufschlagen konnten. Und dann rochen wir es. Es roch nach Erbsensuppe. Erbsensuppe mit Speck. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und ich sah, dass meine Freunde ebenfalls schnupperten. Wir folgten dem Geruch in den Wald hinein.
Auf der sich vor uns auftuenden Lichtung stand eine Tür. Eine Tür ohne Haus. Die Büsche und Gräser wuchsen drum herum. Die Tür war allerdings nicht mit Moos bewachsen oder mit Algen gesprenkelt. Sie sah neu aus. Es waren keine Fußspuren zu sehen, nicht mal von Tieren. Nur eine Wildkatze schien hier gewesen zu sein.
Wir beschlossen, zu klopfen, aber niemand meldete sich. Vorsichtig öffnete ich die Tür. Es war ein Raum, der von außen nicht zu sehen war und im Inneren war Platz für gut zehn Personen. Der Boden, die Wände und die Decke waren aus Holz. Es sah aus wie eine gut gezimmerte Blockhütte. Ein kleines Feuer brannte im Kamin und darüber hing ein Topf mit Suppe. Weiteres Mobiliar gab es nicht.
Heute war Langnacht, fiel mir ein. War das ein Geschenk des Wintervaters an uns? In Rugens Höhle und überall in Rashemen würden heute die Familien lecker essen und das Ende der Dunkelheit feiern.
Luker spielte seine Flöte und stellte fest, dass dieser Ort magisch sei. Das hätte ich ihm auch ohne sein Ritual erzählen können.
"Ich habe Hunger und hier ist es warm.", sagte ich.
Artemis stimmte mir zu. Er sabberte auch bereits.
"Du wirst doch nicht etwa hier übernachten wollen?" Luker klang entsetzt.
"Warum nicht? Ist doch keiner da."
"Und wenn der Besitzer zurückkommt? Das ist bestimmt ein mächtiger Zauberer."
"Und wenn er nicht zurückkommt? Dann haben wir eine weitere Nacht gefroren."
"Es könnte auch eine Falle sein, so wie für Mäuse, wo man Käse reintut."
Ich probierte die Suppe. "Hmm, köstlich. Kommt, probiert mal."
"Krissa, denk doch mal nach. Was würdest du denn machen, wenn du jemanden in deiner Küche an deinem Essen erwischst?"
"Ihn fragen, was zum Teufel er da macht. Wenn's eine gute Geschichte ist, dann ist es in Ordnung. Wenn er Blödsinn erzählt, haue ich ihm aufs Maul."
Ich grinste.
"Also denkt euch eine gute Geschichte aus. Ich leg mich vor die Tür. Dann muss er mich wegschieben, wenn er rein will."
Luker ging noch einmal in Bärengestalt auf die Lichtung, aber außer einer nicht besonders gesprächigen Eule fand er nichts.
Es kam auch keiner und wir hatten eine ruhige und warme Nacht. Gut, ein Bauch voll Erbsensuppe sorgte für gewisse Nebengeräusche, aber was soll's. Das Tolle war, dass sich der Kessel immer wieder füllte, egal wieviel man rausnahm.
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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20 Nightal 1491 DR

Am Morgen nach einem warmen Frühstück versuchten wir den Kessel mitzunehmen, aber sobald er aus der Hütte heraus war, verlor er seine Magie. Also ließen wir ihn an Ort und Stelle für den nächsten Wanderer. Dann machten wir uns auf den Weg.
Nach kurzer Zeit hörten wir hinter einer Wegbiegung misstönenden Gesang von einer Kinderstimme näher kommen.

"Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald.
Es war schon finster und sie waren steif und kalt.
Sie lagen vor einer Hütte von Knochen und Haut.
euch jetzt wohl allen vor dieser Hütte graut."

Auf dem Weg kam ein Mädchen auf uns zu. Es war vielleicht etwas über einen Meter groß, wirkte ein wenig verschmutzt und frische Blutflecken verunzierten seine Kleidung. Ihre Kleidung war bäuerlich einfach mit Ausnahme des Umhangs, der rot war. Selbst dieser war mit neuen und alten Blutflecken verziert. Sie trug ein zusammengerolltes Fell über der Schulter. Das Fell tropfte rot in den Schnee. Als sie uns sah, ließ sie das Fell zu Boden gleiten und sprach Luker an.
"Ey, Aldder, willste 'nen schönen Wolfspelz kaufen?"
Der Pelz war sehr groß und er war weich und seidig, aber ungegerbt. Er war wohl gerade frisch abgezogen worden. Die Blutflecken müssten ausgewaschen werden.
"20 Tacken und es is deins."
"20 Silbermünzen?", fragte Luker.
"Silber? Willste misch verarschen? Aldder, das ist Höhlenwolf. Voll selten."
"So viel haben wir nicht.", meinte ich.
"Wer hat disch denn gefragt, Schlampe? Isch red mit dem Herrn da."
"Wo hast du es her?", wollte Artemis wissen.
"Das Drecksvieh wollte mich fressen. Ha ha, da hat es sisch die Falsche ausgesucht, bruhaha."
Irre Augen glänzten uns an.
"Wat jetzt?"
Ich starrte sie an. So was war mir noch nie untergekommen. Sie starrte zurück.
"Ey Schlampe, was glotzt du? Paar aufs Maul?"
Ich wurde wütend. Die Stimme der Vernunft sagte mir, ich solle nichts tun. Mein Blut sagte etwas anderes, nämlich: Leg das Gör über's Knie.
"Wir wollen nichts kaufen.", sagte Luker.
"Dann verpisst euch, ihr Penner oder ich stech euch ab mit mei'm Metz."
Sie hatte ein altes Küchenmesser in ihrem Gürtel stecken. Das Ding war genauso dreckig wie das Mädchen, mit Ausnahme der Schneide. Die blinkte scharf und silbern im Sonnenlicht.
Wir gingen vorsichtig an ihr vorbei. Sie machte noch eine obszöne Geste und marschierte dann davon.
Ich glaube, ich erkenne mittlerweile die blinde Wut des Berserkers, wenn ich sie sehe. Die hier hatte offenbar noch nie etwas von Selbstkontrolle gehört.
Der Höhlenwolf hatte wohl auch noch nie etwas davon gehört. Langsam tat mir das Tier leid. Seine letzten Momente waren wahrscheinlich von erheblichem Erstaunen über die Erkenntnis geprägt, dass manche Schafe beißen konnten.
Kurze Zeit später kamen wir am Ort des Massakers vorbei. In einem Baum hing der abgezogene Kadaver eines großen Wolfes. Die ersten Raben machten sich bereits über das unverhoffte Festmahl her. Der abgeschnittene Kopf lag auf dem Boden. Sein glasiger Blick wirkte wirklich erstaunt, aber das bildete ich mir bestimmt nur ein.

Gegen Nachmittag hörten wir das Rauschen des Flusses lauter werden, untermalt mit dem knirschenden Geräusch aneinander reibender Eisschollen.
Wir sahen eine Rauchfahne in den Uferbüschen. Da war wohl schon jemand. Während wir anfingen zu diskutieren, trat eine seltsame Gestalt aus dem Dickicht. Sie hatte ein dickes Holzbündel in den Armen. Das war kein Mensch. Große gedrehte Schafshörner zierten seinen Schädel und blondes Haar wucherte darum herum. Er hatte ein hübsches Gesicht mit einem Kinnbart, bloße Arme, eine Weste an und war untenherum nackt. Dichtes blondes Haar bedeckte seinen Hintern und seine Beine bis hinunter zu seinen Hufen. Einiges bedeckte das Haar aber nur unvollständig. Donnerwetter. Das Wesen wirkte genauso überrascht wie wir.
"Oh, ein Satyr.", meinte Luker.
"Ein was?", fragte ich.
"Ein Satyr. Das ist ein fey, der in den Wäldern lebt und sich die Zeit mit Musik und Tanz vertreibt."
"Das hört sich ja ungefährlich an.", meinte ich.
"Wie man's nimmt.", murmelte Luker. "Für mich ja. Hoffe ich zumindest."
"Hallo Rashemi.", sagte das Wesen auf elfisch.
"Hallo Satyr." Ich protzte mit meinen neuen Kenntnissen.
"Mögt ihr euch zu uns setzen? Wir hatten einen guten Fang."
"Uns?"
"Klar, ich bin Kyle. Dann wären da noch Jaco und Paco, meine Freunde."
"Drei von denen? Weia."
"Was hast du denn?"
"Nichts, nichts. Man hört Geschichten."
"Ich bin Krissa. Das da ist Luker und der Elf ist Artemis. Wir setzen uns gerne zu euch."

Die zwei anderen sahen uns entgegen. Sie hatten Fische ausgenommen und auf Stöcke gesteckt. Beide sahen ähnlich aus wie Kyle, aber waren eher braunrot von der Fellfärbung her und schienen Brüder zu sein.
Es gab gebratenen Fisch, Honigale, Nüsse und getrocknete Äpfel. Dann zogen die Drei Flöten aus ihrer Weste. Eine war aus verschieden langen Schilfhalmen zusammengesetzt, die zweite war eine, wie Luker sie hatte und die dritte hatte ein Mundstück, aber zwei Schäfte.
Sie begannen zu spielen. Wahnsinn, so eine Musik hatte ich noch nie gehört. Mein Fuß begann unwillkürlich im Takt zu wippen. Luker zog ebenfalls seine Flöte und versuchte Takt und Rhythmus aufzunehmen, was ihm nach einiger Zeit recht gut gelang. Die Satyrn nickten anerkennend.
Warm war es am Feuer. Ich legte meinen Umhang und den Pelz ab und reckte mich.
Die drei sahen mich an und redeten kurz miteinander. Die Stimmen klangen wie das Rascheln der Blätter, das Fiepen von kleinen Tieren und dem Gesang von Vögeln. Luker sagte hinterher, das wäre sylvanisch gewesen. Er beherrschte die Sprache und hatte sie belauscht.

"Ist das wirklich ein Mädchen?"
"Meinst du den Elf? Bei Elfen kann man nie sicher sein."
"Nein, das muskulöse Ding da mit dem Schild und der Axt."
"Ja, sie hat Busen. Das muss ein Mädchen sein. Sie riecht auch wie eins."
"Öhm, also ich halte mich da zurück. Die sieht aus, als könnte sie mich über den Fluss werfen."
"Ja, wahrscheinlich. Oder sie reißt dir dein Ding ab."
"Das meinst du nicht ernst, oder?"
"Nur wenn sie unzufrieden mit deiner Manneskraft ist."
"Die lässt gerade zu wünschen übrig."
"Das ist aber schlecht für dich."
"Sie könnte auch dich attraktiv finden, schon mal drüber nachgedacht?"
"… Nein, aber ich verstehe, was du meinst. Bleiben wir heute mal sittsam, ja?"
"Ja. Hoffentlich sieht uns keiner, sonst sind wir das Gespött des Waldes."
"Ja …"

Am Morgen wurden wir wach. Es war bitterkalt und das Feuer war heruntergebrannt. Von den Satyrn war weit und breit nichts zu sehen.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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21 Nightal 1491 DR

Fußspuren zeigten den Weg, den die Satyrn genommen hatten. Sie hatten den Fluss über das Eis und die Schollen hinweg überquert.
Wie kamen wir da rüber? Der Fluss war teilweise zugefroren, nur in der Mitte gurgelt das Wasser und Eisschollen trieben langsam vorbei. Die gefährliche Stelle war etwa fünf Meter breit. Die Satyrn schienen von Scholle zu Scholle gesprungen zu sein.
Artemis meinte, das wäre einfach und versuchte es. Prompt ging es schief. Die Scholle, auf die er sprang, stellte sich aufrecht und er plumpste ins Wasser. Es gelang ihm gerade noch, die Eiskante zu fassen und sich festzuhalten. Wir zogen ihn ans Ufer.
"Du musst raus aus den Klamotten, sonst erfrierst du.", sagte ich.
"Später," bibberte er, "wenn ich nochmal reinfalle, sind auch die trockenen Sachen nass."
Luker wedelte mit seinem Pinsel über mir. "Das sollte dir helfen."
Dann schätze ich die Schollen ab und versuchte mein Glück. Ich kam tatsächlich unbeschadet an das andere Ufer. Dort packte ich ein Seil aus und warf es über den Fluss. Artemis band sich das Seil um die Hüften und versuchte es erneut. Heute war wohl nicht sein Tag. Ich zog in ans trockene Ufer und half ihm aus seinen Sachen heraus. Dann wickelte ich ihn in unsere Decken ein.
Luker malte etwas in die Luft und dann sprang er mit einem gewaltigen Satz über den Fluss. Faszinierend, was Magie so kann.

Gegen Mittag kamen wir an einem verwitterten Schild vorbei. Darauf stand: 'Schrein und Brunnen von huhrong Barkus'.
Den Namen hatte ich schon einmal gehört, aber Artemis fiel es als Erstem wieder ein. Das wäre ein Eisenherr gewesen, der vor langer Zeit eine Invasion abgewehrt hatte. Klar, er war ja auch der Älteste von uns, über 100 Jahre nämlich. Den Schrein wollte ich jetzt natürlich unbedingt sehen. Ein gepflasterter Weg führte in den Wald hinein.
Nach kurzer Zeit erreichten wir eine Lichtung. Darauf stand ein kleiner Schrein, eher ein Grabmal, aus weißem Marmor und daneben ein Ziehbrunnen mit einem Dach aus Kupfer, das vom Alter grün angelaufen war. Um den Schrein herum war das Gras kurz und es sah aus, als wäre es frisch gemäht. Der Schrein hatte eine Tür. Am Brunnen hing eine Plakette.

In Erinnerung an Barcus Eisenherr
Sieger über die Nordland-Barbaren
Gestiftet von Talus dem Beschwörer
Hier liegen seine Gebeine
Ich wünschte es wären meine.
Trinke und fühle dich erfrischt
Gib und dir wird gegeben.

Etwas weiter weg lag ein längliche Form unter dem Schnee. Aus dem Hügelchen ragte ein rostiges Schwert mit der Spitze nach oben. Ich ging nachsehen. Es war ein steif gefrorener Mensch in Lederrüstung und Jagdkleidung, der noch nicht allzu lange hier liegen konnte. Um ihn herum lagen schmutzige Goldmünzen sowie angelaufene Silber- und Kupfermünzen, kleine Schnitzereien und Edelsteine. Das Schwert hatte den Rucksack ebenfalls durchbohrt und die Sachen waren wohl heraus gefallen. Das Schwert war alt und rostig und es sah aus, als wäre der Mann gestolpert und hinein gefallen.
Luker sah sich die Münzen und die Steine an.
"Ich glaube, die hat er aus dem Brunnen geklaut. Sieh mal, wie die angelaufen sind."
"Das ist ziemlich viel Geld.", meinte ich. "Wir bringen es zurück. Es scheint kein Glück zu bringen."
Meine Freunde stimmten mir zu und so suchten wir alles ab und warfen es in den Brunnen. Man soll die Geister eben nicht bestehlen. Jedem von uns wurde für einen kurzen Moment warm. Ich sah mir meine Stiefel an. Sie wirkten wie neu und es gab keine drückenden Stellen mehr. Später stellte ich fest, dass sie sich auch nicht abnutzten. Sie blieben neu. Gute Stiefel waren teuer. Da würde ich bestimmt viel Geld in Zukunft sparen.
Luker meinte, er könnte einmal für kurze Zeit fliegen und wirkte ebenfalls glücklich. Artemis konnte sich schneller bewegen. Als fey war er ja schon viel flotter als normale Leute, aber jetzt konnte er auch den fey davon rennen.
Dann wollte ich den Eisenherren besuchen. Die Türe ließ sich einfach öffnen. Im Inneren war ein Sarkophag mit einem älteren Mann als Relief auf dem Sargdeckel, der ein großes Schwert auf sich liegen hatte.
Hier kam mir eine Idee: Ich werde Eisenherrin. Ich weiß nicht, ob der Posten auch für Frauen gedacht war, aber das konnte man ändern. Gut, die wychlaran hatten da mitzubestimmen, aber das waren ja auch alles Frauen. Ich bat Luker, mir ein Erinnerungsbild zu malen, aber wenn es nicht um Magie ging, war er nicht so talentiert. Egal, das Bild in meinem Kopf würde bleiben. Wir beschlossen, an diesem friedlichen Ort zu übernachten.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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22 Nightal 1491 DR

Gegen Mittag erreichten wir den Steinkreis. Er stand auf einer Lichtung. Wildspuren waren auf den offenen Stellen am Rand zu sehen, aber nicht im Kreis oder in seiner Nähe. Es waren sieben Steine, einer auf der gegenüberliegenden Seite fehlte. Vier Steine, die in den Himmelsrichtungen ausgerichtet waren, waren von stumpfgrauer Farbe, die anderen drei waren aus einem gelblichen Sandstein. Es roch nach frischem Gras.
Luker zog seine Flöte heraus und begann zu spielen.
Nach einiger Zeit meinte er: "Der ist magisch. Die Steine bilden einen Ring. An der Stelle, wo der Stein fehlt, bildet die Magie so etwas wie einen Torbogen."
"Und jetzt?", fragte ich. "Was machen wir? Reingehen?"
"Ich weiß nicht." Luker war unschlüssig. "Wo führt er hin, frage ich mich."
"In das Feenreich.", antwortete Artemis. "Riecht ihr nicht das frische Gras?"
"Ja, das rieche ich.", sagte Luker. "Das ist aber kein Grund, dass es harmlos ist."
Artemis ging auf den Kreis zu. Etwas begann, an seiner Hüfte zu zerren. Dann begann er zu taumeln und sein Schwert samt Scheide und ihm blieb an dem stumpfgrauen Stein hängen.
"Huch! Was ist das denn?"
"fey mögen kein Eisen. Der Stein ist aus Eisenliebe. Er zieht Eisen an und hält es fest." Luker wusste mal wieder mehr als wir.
Artemis kam nicht los. Ich legte meine Axt ab und ging zu dem Stein. Auch mein Messer wollte zum Stein, aber das steckte fest in seiner Scheide. Ich bekam Artemis unter Aufbietung all meiner Kräfte wieder los und wir zogen uns zurück. Fünf Meter, so schien mir, war die Reichweite.
"Rein geht es wohl nur ohne unsere Waffen. Aber es erklärt, warum der Dunkeling nur Bronze dabei hatte."
Ich hatte einen versilberten Bronzedolch, ebenso Luker. Artemis hatte die kleine Armbrust mit den versilberten Bolzen. Ohne Axt fühlte ich mich nackt.
"Wir gehen zu Marscha.", sagte ich. "Sofort. Das übersteigt unsere Fähigkeiten."
Die beiden anderen nickten. "Ja, prima Idee. Lass uns abhauen."

Wir marschierten am Waldrand entlang. Im Schnee sahen wir Pfotenabdrücke. Hier waren wohl noch andere Wesen unterwegs. Die Abdrücke waren von Hunden oder Wölfen und sie waren recht groß.
Dann hörte ich den erstaunten Ausruf von Artemis. Er zeigte nach vorne. Aus dem Wald heraus waren zwei Reiter auf die offene Fläche gekommen. Die Wesen waren recht klein, aber sie saßen auf zwei gigantischen Wölfen. Sie sahen uns auch und schienen sich zu beratschlagen.
Die Reiter waren zu einem Entschluss gekommen und kamen auf uns zu. Als sie näher kamen, waren sie deutlicher zu erkennen. Sie waren gegen die Kälte dick verpackt. Die Gesichter waren braun und hässlich, mit einer großen Nase und spitzen Ohren. Die Wölfe waren ebenso hässlich. Die Schnauzen wirkten seltsam platt und kleine rote Äuglein funkelten niederträchtig aus dem struppigen Fell heraus.
Der eine Reiter schlug einen Bogen, um in unseren Rücken zu kommen. Der zweite hielt gut fünf Meter vor uns an und sagte etwas in einer völlig unverständlichen Sprache.
Geifer tropfte aus dem Maul des Wolfes. Artemis schien es ihm besonders angetan zu haben, denn er fixierte den Elfen. Dann leckte er sich betont langsam über die Lefzen.
Das Wesen überlegte, suchte nach Worten und fragte dann:
"Ihr Hexe?"
"Ja.", sagte Luker.
"Gut. Ihr helfen.", sagte das Wesen. Dann stieß es einen schrillen Pfiff aus, wendete den Wolf und ritt in großen Sätzen davon. Der zweite tat es ihm nach.
"Helfen? Was meint er damit?", fragte ich.
"Vielleicht steckt die Moorige Marscha in Schwierigkeiten.", mutmaßte Luker.
"Was bitte war das eigentlich?", wollte Artemis wissen. "Der Wolf schien mich zu mögen."
"Klar, du bist halt frisch und zart," lachte ich. Artemis fand das nicht witzig.
"Ich glaube, die heißen Goblins.", sagte Luker nachdenklich. "Manche von ihnen reiten auf speziellen Wölfen, den Worgen."
"Und woher weißt du das alles?", wollte ich wissen.
"Ich habe vorher Asami gefragt, wer hier alles wohnen könnte."
"Das war schlau.", nickte ich anerkennend.

Am Abend erreichten wir die Hütte. Lukers Vermutung wurde zur Gewissheit. Die Moorige Marscha steckte allem Anschein nach wohl wirklich in Schwierigkeiten.
Fußspuren zogen sich kreuz und quer über die Lichtung. Die Türe der Hütte war angelehnt und es war etwas Schnee herein geweht. Es brannte kein Feuer im Herd und das wohl seit Tagen nicht. Die Asche war kalt. Es waren Wesen in der Hütte gewesen, aber niemand hatte sie durchsucht oder etwas mitgenommen, soweit wir das beurteilen konnten. Außer Marscha, denn die war weg.
Zuletzt waren Wesen dagewesen, die über drei Zehen verfügten und wohl recht groß waren. Ihre Spuren waren zuoberst. Darunter waren Spuren von kleinen Leuten mit Stiefeln und Wolfsabdrücken, vielleicht die Goblins, denen wir begegnet waren.
Artemis fand einen weiteren Fußabdruck, der etwas älter war. Auch der war dreizehig, aber er war gut einen Meter im Durchmesser. Etwas Großes war hier gewesen. Aber was?
Wir beschlossen, Feuer anzumachen und in der Hütte zu übernachten. Das war etwas gruselig, denn Marscha sammelte Körper und trocknete sie. Überall lagen, standen und hingen Echsen, Vögel und ausgestopfte Kleinsäuger. Ich war nie bei Asami zu Hause gewesen, aber ich könnte schwören, dass es bei ihr nicht so aussah. Jeder dieser Körper wies die eine oder andere Deformation auf. Sie waren mit kleinen Schildchen versehen. Die Anzahl der Veränderungen hatte in letzter Zeit anscheinend deutlich zugenommen.
In dem Kräuterregal waren Lücken. Marscha musste Sachen mitgenommen haben. War sie freiwillig mitgegangen?
Aber es wurde langsam warm, wir konnten unser Essen kochen und überlegen, was wir jetzt tun sollten. Wir hatten keine Ahnung. Von den Spuren her würden wir meinen, dass das Ding mit dem großen Fußabdruck mit Marschas Verschwinden zu tun hatte. Ein Drache? Wir hatten nie von lebenden Drachen gehört, außer in den üblichen Kindergeschichten.

Level up, Fortsetzung folgt …
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

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23 Nightal 1491 DR

Artemis hatte während seiner Wache Langeweile und vertrieb sich die Zeit mit einem kleinen Spaziergang um die Hütte. Nach einiger Zeit gesellte sich Luker dazu. Es war eisig und absolut still. Außer einem großen weißen Hirsch, der die Hütte für kurze Zeit beobachtete, war nichts zu sehen und zu hören. Das änderte sich mit der einsetzenden Morgendämmerung.
Schritte, die im gefrorenen Schnee laut knirschten, kamen näher und nach einiger Zeit sahen sie, wer da kam. Es war vier grünliche sehr große Humanoide. Alle waren muskulös, schuppig, mit langen Echsenschwänzen und sie hatten sehr große Waffen dabei, die sie lässig mit einer Hand hielten. Artemis stupste Luker an.
"Geh mal Krissa wecken, falls es Ärger gibt."
Artemis grüßte freundlich. Die Reptilienmänner grüßten zurück.
"Wer ihr ssein?"
"Wir suchen Marscha. Weißt du, was mit ihr passiert ist?"
"Wahrsseinliss ssie gesstohlen von Wurm hinter dem Sswarssbaum."
"Wurm? Schwarzbaum?"
"Ja, iss dass ssagen. Du sslechss sspressen?"
"Ich hatte noch keinen Kaffee. Wo finden wir den Wurm?"
"Ihr nisst finden Wurm, er finden euss."
"Aha. Wo ist denn der Schwarzbaum?"
Der schuppige Riese deutete nach Norden. "Dort, hinter dem Ssumpf. Ihr Sswarssbaum fragen, er wissen, wo Wurm."
"Aha. Wer oder was ist Schwarzbaum?"
"Hiss hiss hiss, ihr nisst wissen, aber wollen in Ssumpf? Ihr tot. Entweder Goblin euss fressen oder wir euss fressen oder Troll euss fressen oder ihr verssinken in Wasser."
"Ja, schon gut, aber ich hatte nach Schwarzbaum gefragt."
"Sswarssbaum lebende Baum isst. Er ssütssen Land im Norden. Du vielleicht können mit ihm reden, Baumknutsser."
Ich mischte mich ein, nachdem ich endlich aus meinen Decken und der Hütte gekommen war.
"Sag mal, der Wurm, hat der Flügel?"
"Ja, natürlich. Er fliegen über die Wälder und ssuchen Futter."
"Der meint einen Drachen.", sagte Luker. "Der meint bestimmt einen Drachen."
Ich zuckte mit den Schulter. "Ja, wahrscheinlich. Und?"
Ich wandte mich wieder an die Echsenmänner.
"Wollt ihr uns begleiten? Dann können wir Marscha befreien."
"Wir? Euss?" Sie waren erstaunt, wenn man das in den Reptiliengesichtern überhaupt erkennen konnte. "Warum?"
"Wie ich gerade sagte, dann können wir zusammen Marscha befreien. Aber wenn ihr Angst habt, kann ich das verstehen."
"Angsst? Wir? Du Weib. Du brüten. Iss nisst sslagen Weib. Aber kein Mann diss wollen mit grosse Maul. Du eiloss ssein für immer."
Damit war die Unterhaltung beendet und die vier verschwanden wieder im Wald.

Aus dem Waldesdunkel blickten zwei Paar Augen auf die Szenerie. "Was meinst du, mein Schätzchen, sind sie geeignet? Angst haben sie jedenfalls nicht." Die Katze auf ihrer Schulter schnurrte kurz und rieb ihren Kopf an dem der Frau. Die Frau rückte ihre verrutschte Maske wieder gerade und nickte. "Ja, mein Schätzchen, das sehe ich auch so. Ich bin gespannt, wie sie mit Hilla zurechtkommen." Bei der Erwähnung des Namens fauchte die Katze kurz. "Gut, dass sie in meiner Hütte übernachtet haben."

Wir diskutierten noch ein wenig herum und beschlossen, die Reise zu wagen. Der Sumpf im Winter würde nicht ganz so gefährlich sein. Es fror seit zwei Monaten und da war die Gefahr, dass man irgendwo einbrach, doch recht gering geworden. Und, das Wichtigste von allem: Es gab keine Mücken. Wir nahmen noch ein paar Sachen aus Marschas Vorratskammer mit.
Das Wetter blieb kalt und trocken, aber Wolken waren aufgezogen. Es roch nach Schnee. Bald begann hammer, der erste Monat des neuen Jahres, in dem es am heftigsten schneien würde.
Wir machten uns auf den Weg und folgten erst einmal den Spuren der Echsenmänner. Der Boden war hart gefroren, trotzdem brach gelegentlich die dünne Eisdecke, es gluckerte ab und an und Wasser stand in unseren Fußspuren. Gegen Nachmittag erreichten wir ein Erhebung im Sumpf. Auf der stand ein alter Turm, der wohl zu einer Festung gehört hatte. Der Form des Hügels nach war die restliche Festung im Sumpf versunken. Wer baute eine Festung in den Sumpf? Das war doch Schwachsinn!
Es gab eine aufgebrochene Öffnung, durch die man in den Turm gelangen konnte.
"Sollen wir mal nachsehen?", fragte ich.
"Warum, der ist doch bestimmt seit Jahrzehnten leergeräumt.", meinte Artemis.
"Vielleicht hat man was übersehen? Wir haben doch Luker und seine Flöte, vielleicht findet er noch was."
"Na gut, eine Pause kann nicht schaden. Ich brauche was zu essen."
Wir kletterten durch die Öffnung in das Innere. Das sah hier alles sehr baufällig aus. Feuchtigkeit sickerte aus den Wänden und gefror in bizarren Skulpturen. In einzelnen Zimmern lagen noch vermoderte Strohmatratzen und morsche Möbel standen herum. Fledermäuse hielten in den dunklen Ecken Winterschlaf und ab und an hörte man das Fiepen von Ratten.
Das Gemäuer war auch morsch, wie ich bald bemerkte, denn in einem Zimmer brach ich durch die Decke. Ich konnte mich so gerade noch am Rand festhalten und meine Freunde zogen mich wieder raus. Vier Meter unter mir gluckerte das eiskalte Sumpfwasser und lockte mit einem nassen Grab.
Luker konnte aber heute keine Magie entdecken, dafür lockte er ein paar Ratten mit Speck an. Eine erklärte sich bereit, mit ihm in ihrem Kopf durch die Mauern zu laufen. Es gab Rattengänge, Rattennester mit kleinen rosigen Rattenbabys und überlaunige Krähen im Dachgeschoss, die etwas gegen Ratten hatten. Das war alles.
Da es schon spät war, beschlossen wir, hier die Nacht zu verbringen. Die morschen Möbel gaben ein leidliches Feuer ab und wir rösteten Speck, den wir aus Marschas Vorratskammer mitgenommen hatten. Die Ratten bekamen ihren Teil ab und träumten danach glückliche Rattenträume mit ihren kugelrunden Rattenbäuchen. Wer nimmt, muss auch geben, sagte Luker. Das wäre das Gleichgewicht der Natur.
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Re: Tales from the Table (D&D 5e): Krissa

Beitrag von Mercen »

24 Nightal 1491 DR

Die Nacht verlief ruhig. Zur Dämmerung wurden wir unsanft geweckt. Die Krähen flogen im Schwarm nach draußen und machten dabei ein erhebliches Spektakel.
Luker spielte auf seiner Flöte und tatsächlich, in einem der Räume war etwas im Fußboden. Wir brauchten trotzdem einige Zeit, um den Stein aus seiner Verankerung zu ziehen. Das Fach war wirklich gut unter einer Strohmatratze versteckt. Es enthielt 100 Goldmünzen, eine magischen Trank und drei Pfeile.
So viel zum 'Da ist nichts mehr'. Ich grinste Artemis an.
Der zuckte mit den Schulter. "Hier hatte halt keiner einen Luker dabei."
Artemis bekam die Pfeile. Den Trank kannte keiner von uns, woher auch. Das Gold teilten wir auf.
Ich hatte jetzt genug, um mir einen kleinen Bauernhof zu kaufen. Wenn wir drei zusammenlegen würden, sogar einen Großen mit Vieh. Bauer sein ist aber Mist und ich glaube, da spreche ich für uns alle.
Bolg hatte mir erzählt, dass es spezielle Waffen für Berserker gibt. die wären aber so teuer, dass man ein halbes Dorf dafür hergeben müsste. So eine will ich. Da müssen wir wohl oder übel noch viel mehr Schätze finden. Und dann jemanden, der mir so etwas verkauft.

Gegen Abend sahen wir eine Rauchsäule. Der Größe nach könnte das ein Herdfeuer sein. Wir erreichten nach kurzer Zeit eine weitere Insel. Auf der Insel stand ein Haus auf Pfählen. Eine Holzbrücke führte hinüber. Auf der Brücke stand ein Stuhl. Luker wollte sich das Ganze erst einmal ansehen und murmelte etwas von kinderfressenden Hexen. Er verwandelte sich in einen Wolf und schlich sich zu der Hütte hin.
Die Hütte war etwas verwittert und windschief, sah aber heimelig aus, was wohl auch an dem Geruch lag. Es roch nach Fleischeintopf. Auf der Insel standen Bäume und direkt neben dem Haus ein großer abgestorbener Stumpf, an dem noch vertrocknete Ranken hingen. Das Wasser um die Hütte herum war teilweise noch offen und ab und zu ploppte eine Blase auf.
Die Tür ging auf und eine Frau mit einer Angel in der Hand betrat die Veranda. Luker versteckte sich in einer Schneewehe. Sie war gut eingepackt gegen die Kälte. Sie ging auf die Brücke, setzte sich auf den Stuhl und warf die Angel aus. Dann zog sie mit der linken Hand eine Pfeife aus der Tasche und begann, daran zu ziehen. Kleine Rauchwölkchen stiegen auf.
Die Frau war recht hübsch und offensichtlich von fey-Blut. Ein wenig sah sie aus wie Artemis. Luker blieb aber misstrauisch. Nach einiger Zeit schaute sie erschreckt auf, stand auf und lief in die Hütte. Luker nutzte die Gelegenheit und galoppierte über die Brücke. Er verschwand gerade eben hinter dem Haus, als die Frau wieder auftauchte und zurück zu ihrem Stuhl ging.
"Wär mir doch fast der Eintopf angebrannt, ich Schussel." Sie warf die Angel wieder aus. Nach kurzer Zeit zog sie einen Fisch heraus und schlug ihn gegen das Geländer, bis er nicht mehr zappelte. Luker fand hinter der Hütte nichts außer einem Abfallhaufen mit säuberlich abgenagten Knochen von diversen Waldtieren gemischt mit Fischresten.
Dann beschloss Luker sich vorzustellen und kam um die Hütte herum. Die Frau sah ihn sofort und machte eine seltsame Handbewegung.
"Ach, so einer bist du. Willst du dich nicht vorstellen?"
Luker verwandelte sich zurück.
"Möchtest du hier übernachten? Es wird bald dunkel."
"Gerne, aber wir sind zu dritt. "
"Das ist kein Problem. Der Fußboden ist groß genug."
Luker winkte und wir kamen aus der Deckung.
"Du wohnst alleine hier? Was machst du den ganzen Tag?"
"Du bist wohl gar nicht neugierig, was? Seid froh, dass ihr für die Nacht ein Dach über dem Kopf habt."
"So Hexen im Wald sollen kleine Kinder fressen, habe ich gehört." Luker ließ nicht locker.
"Ach herrje, da macht sich mal jemand vor vielen Jahren unbeliebt und schon fällt das auf alle einsam lebenden Frauen zurück. Findest du das gerecht?"
Luker war immer noch nicht überzeugt. Dann kamen wir über die Brücke.
"Willkommen Fremde.", begrüßte sie uns. "Was treibt euch Kinder denn in diesen ungemütlichen Sumpf? Ich heiße übrigens Hilla."
"Ich bin Krissa, das hier ist Luker und das Artemis.", stellte ich uns vor. "Wir suchen Marscha."
"Ach was, ist sie nicht zu Hause? Wie ungewöhnlich."
"Ja, die Echsenmänner haben gesagt, dass der Wurm sie geholt hat."
"Der Wurm? Sie nennen ihn den Wurm?" Sie begann zu lachen. "Das kann auch nur den Echsenmännern einfallen. Einen Drachen Wurm zu nennen."
Ich hatte auf einmal einen Kloß im Hals. Wirklich ein Drache? Echt jetzt? Ich hatte ja gehofft, es gäbe noch andere fliegende Würmer. Neben mir traten meine Freunde unruhig von einem Bein auf das andere. Sie dachten wohl das Gleiche.
"Oh je, jetzt habe ich euch verschreckt. Mögt ihr reinkommen und was essen? Dann erzähle ich euch von dem Drachen. Wenn er Marscha geholt hat, muss es was Ernstes sein. Es ist übrigens ein Schwarzer."
Das sagte uns zwar nichts, aber die Einladung nahmen wir gerne an. Die Hütte war unordentlich und überall lagen Sachen herum. Na ja, wenn ich alleine wohnen würde und keiner vorbei käme, würde ich wohl auch nicht aufräumen. Es gab eine weitere Türe an der Seite. Dahinter konnte aber nur eine Kammer sein. In der Feuerstelle stand ein Kessel und von dort kam auch der Geruch. Hilla hatte meinen Blick wohl richtig gedeutet.
"Ich hoffe, ihr habt alle Schüsseln und Löffel dabei. Ich habe hier nicht viele Gäste."
Wir aßen, schwatzen und plötzlich legte sich Luker zurück und war tief und fest eingeschlafen.
Mir wurde warm und mir fielen ebenfalls fast die Augen zu. War was mit der Suppe? Artemis schien dagegen immun zu sein. Der schaute von einem zum anderen und tastete nach seinem Krummsäbel. Ich bemühte mich, meine Wut zu wecken, was mir auch gelang. Die Müdigkeit war wie weggeblasen.
Die Frau verwandelte sich. Jetzt trug sie ein rotes Kleid und in ihrer Hand tauchte ein Zauberstab auf. Sie war viel älter geworden, mit runzeliger Haut und grauen Strähnen im Haar. Ihre Augen glühten im gleichen Rot wie ihr Kleid. Sie hob den Stab und zeigte auf Artemis. Das ich wieder wach war, hatte sie noch nicht bemerkt. Um Artemis herum begannen sich klebrige Fäden zu bilden. Der ließ sich blitzschnell zur Seite fallen und die Stränge rauschten an ihm vorbei und klebten an der Hüttenwand.
Ich schlug umstandslos mit der Axt zu. Sie schrie und begann zu geifern. Ihre Hand mit dem Zauberstab deutete auf mich und grauer Nebel bildete sich. Meine Muskeln begannen, steif zu werden. Mein Schrei ließ die Hütte erzittern und die Lähmung ließ nach. Zwei weitere Schläge trafen die Hexe. Artemis hatte sich aufgerappelt und zu seiner Lieblingswaffe gegriffen. Sein Pfeil traf die Frau am Bauch.
"Liebchen, Mama braucht Hilfe.", kreischte die Frau.
Und durch das Fenster kam eine Pflanzenranke gepeitscht und traf mich mit Wucht.
"Artemis, halt mir die Pflanze vom Leib.", brüllte ich.
Artemis lief zum Eingang hinüber, denn von dort hatte er freies Schussfeld. Der abgestorbene Baumstumpf war wohl doch nicht so abgestorben, wie er aussah und die an ihm hängenden Ranken hatten ein fatales Eigenleben entwickelt. Den Drei sei Dank war das Fenster recht eng und so kam nur immer eine Ranke zur selben Zeit hindurch.
Ich schlug weiter auf die Hexe ein und sie begann, mich mit ihren Klauenfingern zu bearbeiten. Nach einiger Zeit hatte ich ihr den Schädel eingeschlagen und lief, aus diversen Wunden blutend, nach draußen, denn die Ranken begannen jetzt, an der Hütte zu rütteln. Staub rieselte aus den Dachsparren und die Balken gaben komische Geräusche von sich.
Dort war der Stumpf und viele Ranken peitschten herum und schlugen nach mir und nach der Hütte. Ich tanzte zwischen ihnen herum und hackte wie besessen auf das Ding ein. Einige der Ranken versuchten, mich festzuhalten, aber ich zerriss sie mit roher Kraft. Artemis feuerte wie besessen und endlich gelang es uns, das Ding zu zerhacken. Schaumige Flüssigkeit lief aus und verätzte den Boden.
Die Frau war wohl eine bheur gewesen und dann noch eine von der üblen Sorte. bheurs waren auch Hexen, aber nicht menschlich, obwohl sie so aussahen. Manche bewachten einen bestimmten Ort und waren harmlos, solange man nicht versuchte, diesen Ort zu betreten. Andere fraßen kleine Kinder. Die hier gehörte wohl zu letzten Sorte. Jedenfalls war die Welt jetzt wieder etwas heller geworden.
Das war ein Kampf auf Leben und Tod gewesen. Bei den Drei Göttinnen, als Abenteurer war man Gefahren ausgesetzt, die in einem friedlichen Dorf nie auftreten würden. Wollte ich das? Ja, ich wollte das. Ich hatte mich noch nie so lebendig gefühlt. Das Feuer ist schöner als die Asche, sagt man bei uns. Ich hoffte nur, meine Freunde würden das genauso sehen. Das Leben wäre ärmer ohne sie.
Danach durchsuchten wir die Hütte. Wir fanden eine kleine Kiste mit 3 Platin-, 47 Gold- und 34 Silbermünzen. Ein kleiner grauer Stein vervollständigte den Inhalt. Der war magisch, sagte Luker, als er am Morgen endlich wieder aufwachte.
In der Kammer hing ein Teil des Inhaltes des Fleischeintopfes. Wir hatte offenbar einen kleinen Humanoiden gegessen. Artemis wurde prompt schlecht und er ging sich im Sumpf erleichtern. Ich fand das jetzt nicht so schlimm, schleppte aber trotzdem den Kessel nach draußen und warf ihn in den Sumpf. Die Überreste der Hexe folgten. Dann hatte die Krähen wenigstens ein Abendmahl.
Danach lüfteten wir ordentlich durch, bevor wir schlafen gingen.

Aus dem Waldesdunkel blickten zwei Paar Augen auf die Szenerie. "Sieh an, sieh an. Hilla ist tot." Die Katze schnurrte laut. "Hast du gesehen, was das Mädchen mit dem Seiler angestellt hat?" "Miaurr!" "Sie haben auch noch Glück. Das ist selten. Wie werden sie jetzt zu Schwarzbaum kommen? Sie brauchen ein Boot." Die Katze maunzte leise. "Du hast recht, wir auch, wenn wir weiter beobachten wollen."
Kein Plan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit den Spielern hinaus.
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